personalwege praktika
Fotos: Colourbox.de, Knewitz
fertig! Klingt einfach,
oder? Der Barista zeigt
mir, wie ich die Milch
aufschäume. Er taucht
die Düse in die Milch-kanne
und dreht auf.
Er zieht sie so weit
aus der Milch, dass sie
röchelt, schlürft und
zischt – es klingt wie
der Absauger beim
Zahnarzt. Wenn sich
das Volumen der
Milch verdoppelt
hat, muss noch die
richtige Temperatur
erreicht werden.
Diese schätzt er ab,
in dem er kurz zwei
Fingerkuppen unter
den Milchkannen-boden
hält. Wenn
es in den Fingern
bitzelt, stimmt die
Temperatur.
Jetzt bin ich dran. Es schlurft,
röchelt und zischt wie beim Pro-fi.
Als ich mit meinem Werk fer-tig
bin, erkennt der Experte mit
seinem prüfenden Abtasten, dass
die Milch zu heiß geworden ist.
Ich probiere. Schmeckt verbrannt
– nicht so lecker wie der Cappuc-cino,
den mir Matthias Kink fünf
Minuten zuvor zubereitet hat.
Enttäuscht stelle ich die Kanne
weg und frage mich, wie ich das
jemals hinbekommen soll. Doch
der Barista ist zuversichtlich und
lässt mich noch ein wenig aus-probieren.
Plötzlich sehe ich im
rechten Augenwinkel einen Bus
auf den Parkplatz fahren. Dann
geht alles ganz schnell: Die kom-plette
Busladung stiefelt in den
Eingangsbereich und bildet eine
lange Schlange vor unserer Bar.
Mein Welpenschutz ist vorbei. Ich
stehe mit dem Siebträger da und
versuche, die Bestellungen zu hö-ren
und sofort zu reagieren. Doch
die Panik verstopft mir meine Ge-hörgänge.
„Zwei Cappuccino und
ein Haferl“, ruft mir Beppi von
der Kasse aus rüber. Wie ging das
jetzt nochmal? Siebträger raus,
Kaffeereste abklopfen, Pulver rein,
festklopfen... Mist, Spülvorgang
vergessen. Ich bin viel zu langsam.
Zwischendurch hat mir Beppi drei
weitere Bestellungen zugerufen.
Um mich herum wuseln Gionny,
Julian und Sascha und erledigen
die Arbeit, die ich nicht schaffe.
Zeitweise fühle ich mich, als würde
ich nur im Weg stehen. „Schäumst
du Milch auf? Wir brauchen drin-gend
Milchschaum“, reißt mich
Julian aus meinen Gedanken. Ver-unsichert
halte ich Matthias Kink
mein vollbrachtes Werk unter die
Nase. „Perfekt“, antwortet er und
lächelt gelassen.
Bitte lächeln
Die Gäste werden nicht weniger
und sie wollen Cappuccino, Haferl,
Latte Macchiato oder Milchkaffee.
Beppi wirft mir schwungvoll einen
To-go-Becher entgegen. Unge-schickt
fange ich ihn auf und stelle
ihn unter den Siebträger. Die Bedie-nung
der Maschine will mir nicht
in den Kopf. In der Hektik vergesse
ich häufig das Spülen und muss es
nachholen. Ich vergesse Espresso-tassen
vorzuwärmen und lasse den
Milchschaum zu heiß werden. Ich
wage es kaum, Matthias Kink an-zuschauen.
Doch er zwinkert mir
aufmunternd zu und sagt, dass ich
es gut mache. Ich bin überrascht
von der Gelassenheit und der
Freude, mit der die Kollegen ihre
Arbeit erledigen. Dinzler bietet sei-nen
Mitarbeitern viel. Das hat sich
ausgezeichnet: 2016 ging der Hos-pitality
HR Award in der Kategorie
Frische Röstung im Keller. Bei Dinzler
ganz normaler Alltag.
Mitarbeiterbindung
in Gold an die Rösterei. Deren
Credo: Brennen, ohne auszubren-nen.
Als es hinter der Bar ruhiger
wird und ich gelassener bin, darf
ich den Milchschaum in Herzform
für einen Gast anrichten. Leider
ähnelt die Form der eines Körper-teils.
Ich reiche der Dame dennoch
ihren To-
go-Becher und
lächle verlegen. „Sieht
doch gut aus“, sagt
sie. Nochmal davon
gekommen. Im Laufe
des Tages werde ich
ein wenig routinier-ter.
Als ich nach geta-ner
Arbeit
die Rös-
terei verlasse und
die Voralpenluft
einsauge, spü-re
ich meine
schmerzen-den
Füße. Ich
werfe noch
einmal den
Blick zurück
zur Bar und
sehe meine Kollegen ihre Arbeit
mit Leichtigkeit und einem Lächeln
auf den Lippen erledigen. Kein
Wunder, dass die Leute gerne wie-der
kommen. In meinem Kopf male
ich mir meinen nächsten Besuch
aus, der nicht lange auf sich warten
lassen soll – diesmal auf der ande-ren
Seite der Theke. mak
www.dinzler.de
Zwei Kollegen im Expertengespräch.
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