INFO
Fotos: B&L Archiv
Pflichtenheft
Schulverpflegung
Deutschland wählt im September 2017 sein neues Parlament. Das Deutsche Netzwerk
Schulverpflegung (DNSV) fordert von der Politik gesetzliche Verbindlichkeiten.
Millionen Schüler haben Anspruch auf
eine gute Verpflegung. Oft erfüllt das
Essen jedoch nicht die qualitativen und
ernährungsgesundheitlichen Anforderungen.
Schulen und Trägern fehlt es an Geld, Fachleu-ten
und Räumen. Nur die Hälfte der Schüler in
Ganztagsschulen nimmt überhaupt an der Ge-meinschaftsverpflegung
teil. Das Ernährungs-thema
spielt im Erziehungs- und Lernalltag nur
eine Nebenrolle. Schon zur Bundestagswahl
2013 hatte die Politik Verbesserungen verspro-chen,
aber grundsätzlich verbessert hat sich
seitdem kaum etwas. Immer noch gilt für Hun-defutter
nur 7 %, für Schulessen 19 % MwSt.,
noch immer gibt es keine gesetzlichen Regelun-gen
zur Schulverpflegung. Der DNSV fordert
daher, die Ernährungspolitik für Schulen endlich
bundesweit gesetzlich zu regeln. Seit Jahren gibt
es die DGE-Richtlinien zur Schulverpflegung, die
auch stetig überarbeitet wurden. Deren Einhal-tung
wird aber kaum überwacht, da sie nur als
Empfehlungen gelten. Cateringunternehmen
sehen sich mit bis zu 100 Seiten Ausschrei-bungsunterlagen
und einem komplizierten Pro-zedere
von Testessen konfrontiert. Letztlich sind
die Kosten oft zu knapp kalkuliert. Überwiegend
werden Schüler nicht einmal in die Planung und
Auswahl der Angebote eingebunden.
Am weitesten verbreitet ist derzeit die Warm-halteküche,
bei der die Mahlzeiten in zentralen
Küchen externer Essensanbieter fertig gekocht
und in geeigneten Warmhaltebehältnissen über
teilweise längere Entfernungen in die Einrich-tungen
gebracht und dort ausgereicht werden.
Diese vergleichsweise kostengünstige Variante
beansprucht am wenigsten Personal, Raum und
Technik. Der Nachteil ist, dass hier hinsichtlich
der Qualität oft Probleme auftreten, sie wenig
flexibel ist und lange Warmhaltezeiten Standard
sind. Zudem kann das Warmhaltesystem nur
schwer mit den pädagogischen Anforderungen
zur Einbindung des Ernährungsthemas in den
Schulalltag verknüpft werden.
Neben ernährungsphysiologischen und hygienischen
Anforderungen muss eine geeignete
Schulverpflegung vor allem den Geschmack der
Kinder und Jugendlichen treffen, um eine hohe
Akzeptanz abzusichern. Sie muss in frischem
Zustand ausgereicht werden, appetitlich ausse-hen
sowie altersgerecht und abwechslungsreich
sein. Ernährungsfachliche Qualitätsanforde-rungen
müssen sich also mit der wahrgenom-menen
Qualität decken. Dies ist letztlich nur
durch eine Mahlzeitenproduktion möglich, die
täglich vor Ort erfolgt. Dabei werden die meis-ten
Menübestandteile
in der Einrichtung frisch
zubereitet. Wo kein Frischeverlust zu erwarten
ist, kann auf TK-Waren zurückgegriffen werden.
Der Vorteil liegt darin, dass es praktisch keine
Beschränkungen bei der Menüauswahl und in
der Lebensmittelvielfalt gibt und Produkte aus
der Region unproblematisch berücksichtigt wer-den
können. Dies kann wirtschaftlich betrieben
werden, wenn die entsprechenden Vorausset-zungen
geschaffen sind – zahlreiche Beispiele
zeigen dies bereits überall in der Republik.
Stellt man die Vor- und Nachteile der verschie-denen
Produktionsformen gegenüber, gewinnt
aus der Sicht des DNSV die Frischküche. Kritiker
dieses Konzeptes führen immer wieder vor allem
die hohen Kosten ins Feld.
Fazit: Es muss schmecken. Dazu muss frisch ge-kocht
werden, und das Essen muss kostenfrei
sein. Experten haben dafür Modelle errechnet.
Schulverpflegung ist mehr als nur ein warmes
Mittagessen. Das muss Kanzler(in)-Sache sein
und nicht erst dazu gemacht werden.
DNSV-Faktencheck
zur Bundestagswahl 2017
Mit diesen Fragen wendet sich das DNSV an
die Parteien und prüft deren Wahlprogramme.
1. Wie wollen Sie die Professionalität von Schul-verpflegung
auf allen Stufen fördern, anstelle
eines überwiegenden Ehrenamtes, das auf
Dauer Schulen, Eltern etc. überfordert?
2. Wie wollen Sie so vielen Schülern wie möglich
zu einem bezahlbaren Schulessen verhelfen?
3. Wie wollen Sie mehr Qualität und mehr
Akzeptanz durch Mitbestimmung erreichen?
4. Haben Sie eine kostenlose Schulverpflegung für
alle Kinder der europäischen Staaten zum Ziel?
5. Inwiefern wollen Sie im ersten Schritt für
kommerzielle
Anbieter den Mehrwertsteuersatz
von 19 auf 7 % reduzieren?
6. Wie wollen Sie moderne Frischkostsysteme
fördern und eine verpflichtende Zertifizierung
aller Bereiche durchsetzen?
7. Inwiefern sollen DGE-Qualitätsstandards für die
Verpflegung in Kitas und Schulen gesetzliche
Basis sein und in den Schulgesetzen der Län-der
implementiert werden?
8. Wann wird „Ernährungsbildung“ Teil der
Schulphilosophie bzw. wann werden dauer-hafte
Strukturen der Aus- und Weiterbildung
im Bereich Schulverpflegung eingeführt?
9. Wann wird das Fach Ernährungserziehung in
die Pädagogik-Curricula implementiert und
ein Konzept für eine Lehrerausbildung im Fach
„Lebens- und Alltagsökonomie“ entwickelt?
10. Wann wird das Fach „Lebens- und Alltagsökonomie“
für die Klassen 1 bis 6 eingeführt?
11. Wann erhalten alle Grundschulen einen
Schulgarten
zur eigenen Nutzung?
13. Inwiefern planen Sie die Verabschiedung eines
Bundesrahmengesetzes Schulverpflegung
(BRGSV)?
Michael Polster, DNSV-Vorsitzender
schulverpflegung
30 Vernetzte Branchen 2017