Fotos: Studentenwerk Erlangen-Nürnberg, H-Hotels
mitarbeiterwege
Die Teilnehmer bereiten sich dort auf ihre
künftige Tätigkeit als Betriebsleiter oder Fran-chise-
Partner vor. Im Lehrplan geht es u. a. um
betriebswirtschaftliches Know-how,
Arbeitsrecht, Marketing, Kassenwesen
und Führungstechniken.
Das Trainee-Programm dauert sechs
Monate und erfolgt nebenberuflich.
Für die Trainingseinheiten werden
die Teilnehmer von den Betrieben
freigestellt. Die rund 20 Tage Un-terricht
gliedern sich in einzelne
Blöcke. Die Nachwuchskräfte ver-bringen
z. B. vier Schulungstage auf
einer Berghütte in Österreich oder
wirken einige Tage bei der Ope-ning-
Phase eines neu eröffneten
Restaurants mit. Schulungstage, bei
denen es um IT und Kassenwesen
geht, Selbstmanagement und Füh-rungsqualität
schließen sich an. In
Abschlussgesprächen wird geklärt,
ob die Absolventen bereit sind, z. B.
Betriebsleiter
zu werden oder sogar
einen eigenen Betrieb zu überneh-men.
Auch muss die Flexibilität des
Kandidaten geprüft werden. „Nicht
immer ist ein Absolvent, den wir
als erfolgversprechend bewerten,
bereit, in eine Stadt zu ziehen, wo
gerade ein neues Restaurant eröff-net
wird. Zudem muss das Restau-rantkonzept
zur jeweiligen Person
passen“, so Karsten Rupp.
Studentenwerk Erlangen-Nürnberg:
Gespür für Talente
Ohne gezielte Schulungen geht es nicht, um
Quereinsteiger erfolgreich in die Mannschaft
zu integrieren. Doch es verlangt auch Gespür
und Empathie für den Menschen. Mathias
M.
Meyer, Geschäftsführer und Leiter Hochschulgastronomie
im Studentenwerk Erlangen-
Nürnberg, lag mit seinen Personalentschei-dungen
meist richtig. Gerne erinnert er sich an
Smajl Alijaj, der vor 15 Jahren ohne Zeugnisse
vor seiner Tür stand. „Er wollte unbedingt bei
uns arbeiten, und wir stellten den ehemals aus
dem Kosovo Geflüchteten als einfachen Kü-chenhelfer
ein.“ Der junge Mann fiel schnell
mit Intelligenz und überdurchschnittlicher
Leistungsbereitschaft auf. Rasch bekam er
B Smajl Alijaj aus dem
Kosovo schaffte
es von
der Küchenhilfe
zur Nr. 3
im Führungsteam der
größten Mensa im Stu-dentenwerk
Erlangen-
mehr Aufgaben und Verantwortung übertra-gen.
„Schließlich fragte ich ihn, ob er nach
fünf Jahren Küchenpraxis nicht bei der IHK
seinen Gesellenbrief als Koch machen wolle.“
Zwei Mitarbeiter mit Wurzeln in der System-gastronomie
nahmen Smajl unter ihre Fittiche
und bereiteten ihn auf seine IHK-Prüfung vor.
„Heute ist er in unserer größten Mensa, der
Mensa Langemarckplatz in Erlangen, die Nr.
3 im Führungsteam“, freut sich Mathias
M.
Meyer.
Schon seit 18 Jahren wird im Mensateam
ein
rollierendes System praktiziert. Wochenweise
arbeitet jeder Mitarbeiter in der Spülküche, an
der Kasse und an der Speisenausgabe. „Eine
solche Arbeitsweise schafft Abwechslung, ist
ergonomisch, macht unabhängig von Mitar-
beiterausfall und gibt Aufschluss über die Be-gabungen
und Neigungen des Einzelnen“,
benennt Mathias M. Meyer die Vorteile. Auch
in der Küche wechseln die Tätigkeiten, mit
Ausnahme der Führungsposition kann
jeder Mitarbeiter jeden Posten beset-zen.
Selbst die Lagerverwalter in den
größeren Mensen können im Krank-heitsfall
durch Küchenhilfen ersetzt
werden, die durch das rollierende
System die nötigen EDV-Kenntnisse er-worben
haben.
Mathias M. Meyer arbeitet bestän-dig
daran, gutes Personal für seinen
Betrieb zu formen. „Wenn ich einen
ungeschliffenen Diamanten vor mir
sehe, beginne ich zu schleifen.“ Ein
solcher Rohdiamant war z. B. Sabine
Schlüter. Sie brachte zwar Erfahrung
aus der Top-Gastronomie mit und war
stets fleißig, hatte aber keine Abschlüs-se.
Durch die internen Fortbildungen
stieg sie zur Leiterin der St. Paul-Mensa
auf, einer Mensa,
die seit Jahren mit
drei Vegan-Sternen ausgezeichnet ist.
Oder Yvonne Kolb, die als ehemalige
Metzgereifachverkäuferin startete, zu-nächst
Ausgabekraft in einer Cafeteria
war und heute Leiterin der Mensateria
Ohm in Nürnberg ist, der drittgrößten
Mensa des Studentenwerks.
Wer durch Kommunikationsbereit-schaft
und Kontaktfreude auffällt, be-kommt
„Fit-für-den-Gast“-Schulungen
und wird in entsprechenden Arbeitsbereichen
eingesetzt. Die Übertragung von Verantwor-tung,
das Zutrauen, auch leitende Funktionen
übernehmen zu können – das liefert einen
Motivationsschub, der oft mehr zählt als Geld.
„Doch wir versuchen
stets, die Mitarbeiter zu
qualifizierten Fortbildungen zu bewegen, da-mit
eine bessere Bezahlung möglich ist. Vor
allem in höheren leitenden Positionen geht
es ohne betriebswirtschaftliche Ausbildung
nicht.“ Schlechte Erfahrungen mit Querein-steigern?
Die hat Mathias M. Meyer bisher
nicht gemacht. Im Gegenteil. „Ich würde nie
einen Betrieb führen wollen mit lauter Quer-einsteigern“,
sagt er. „Aber auch keinen Be-trieb
mit lauter Profiköchen aus der Top-Gas-tronomie.
Die gesunde Mischung macht’s!“
Cornelia Liederbach
Nürnberg.
A Lars Ramann, ehemaliger
Philosophiestudent, ist nach
verkürzter Ausbildung zum
Hotelfachmann im H4 Hotel
Hamburg-Bergedorf einer
der besten Nachwuchskräfte.
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