BIO
Auf dem Bio-Weg
Der Bio-Anteil in der Außer-Haus-Verpflegung ist verschwindend gering –
aber wieso eigentlich? Sonja Grundnig von Bioland über Vorbehalte, einen
langen Weg und die alles entscheidende Preisfrage.
Sonja Grundnig
ist Leiterin des Bereichs Außer-
Haus-Markt bei Bioland.
er Endverbraucher will mehr Bio – zumindest lassen
das die Wachstumszahlen des ersten Halbjahres ver-muten:
Bio ist im Einzelhandel um 22 Prozent gewach-sen,
bei den Vollsortimentern des LEH sogar um mehr
als 35 Prozent.
D
In der Außer-Haus-Verpflegung in Deutschland liegt der Bio-Anteil
aber bei gerade einmal 1,3 Prozent.
Frau Grundnig, warum stagniert Bio im Außer-Haus-Markt?
Einen großen Anteil im Außer-Haus-Markt nehmen die öffentlichen
Betriebsrestaurants ein. Und in der öffentlichen Hand wird noch viel
zu sehr nach dem Preis geschaut. Ausschreibungen gewinnt, wer das
günstigste Angebot liefert.
Hier muss sich dringend etwas ändern. Bio muss Bestandteil von
öffentlichen Ausschreibungen werden. 30 Prozent Bio-Rohware in
öffentlichen Einrichtungen wäre hierfür sicherlich ein guter Anfang.
Das angestrebte Ziel muss aber „100 Prozent Bio“ sein. Städte wie
Kopenhagen zeigen durchaus, dass das funktionieren kann.
In der Individualgastronomie ist immerhin zu beobachten, dass
immer mehr Restaurants der stärkeren Nachfrage der Gäste nach Bio
nachkommen. Häufig fehlt aber noch der Mut mit Bio zu beginnen.
Grundsätzlich macht die europäische Farm-to-Fork-Strategie Mut.
Sie ist ein wichtiger Schritt, um die Nationalstaaten endlich auf den
Bio-Weg zu bringen. Wichtig ist, dass jetzt auch in der Agrar- und Er-nährungspolitik
der einzelnen Länder die entsprechenden Weichen
zielführend gestellt werden. Der Absatzkanal im Außer-Haus-Markt
ist ein wichtiger Hebel für den weiteren Ausbau des Ökolandbaus
und damit für aktiven Klima- und Tierschutz.
Was muss sich grundsätzlich ändern, damit sich Bio im Bereich des
Außer-Haus-Marktes etablieren kann?
Insgesamt muss es wieder mehr Wertschätzung und Verständnis für
die Herstellung von Lebensmitteln geben. Von der Politik fordern
wir als Verband Bio-Mindestquoten in öffentlichen Einrichtungen
wie eigenen Kantinen und Kindereinrichtungen oder (Schul)-Pro-grammen.
Die öffentliche Beschaffung ist ein wichtiger Hebel beim
Einkauf von Bio-Lebensmitteln und muss hier ihrer Vorbildfunktion
gerecht werden – es darf nicht immer der billigste Anbieter zum Zug
kommen. Qualität und Nachhaltigkeit haben ihren Preis.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Aspekte des Bio-
Landbaus und seine Mehrwerte zum Erhalt der Lebensgrundlagen
dringend Bestandteil der Ausbildung von Köchen bzw. im gesamten
Ernährungshandwerk
werden müssen.
Welche Vorteile bietet Bio für die Profiküche bzw. das eigene
gastronomische Konzept?
Eine Umstellung auf heimische Bio-Ware wird wertgeschätzt. Es
ist zunehmend ein Imagefaktor, echte und zertifizierte Nachhaltig-keit
anzubieten und sich nicht nur mit schwammigen Marketing-floskeln
à la „naturnah“ oder „nachhaltig“ zu schmücken. Auch
ein reines regionales Angebot ist nicht genug. Profiköche zeigen
außerdem mit der Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln ein deutli-ches
Qualitätsbewusstsein, denn bei Bio sind zahlreiche Zusatz-stoffe
verboten. So punktet der gastronomische Betrieb mit ehr-
lichem und individuellem Geschmack, durch gutes Handwerk.
Mitunter wird die Etablierung von Bio in Profiküchen aber durch
eingeschränkte finanzielle
Mittel bzw. mangelnde Verfügbarkeit der
Produkte behindert…
Hier kommt es auf eine gewisse Flexibilität in der Planung an. Der
Speiseplan sollte sich natürlich der saisonalen Verfügbarkeit der
Waren
anpassen. Der finanziellen Hürde kann schon begegnet wer-den,
indem das Fleischangebot reduziert wird. Hierzu liegen bereits
zahlreiche Konzepte von gastronomischen Vorzeigebetrieben vor,
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