Foto: Böhm media
MITARBEITERFÜHRUNG
WER NUR JAMMERT
Teil
1
Uns laufen die Mitarbeiter davon!“, „Wir
finden einfach keinen Nachwuchs!“,
„Die Angestellten halten echt nix mehr
aus!“, „Schuld ist nur der Fachkräftemangel!“ –
Alter! Hast du dir das Jammern selbst beige-bracht,
oder warst du an der Akademimimiiii?
Raus aus der Opferhaltung und endlich mal
die Ärmel hochkrempeln! Das übliche Blabla
von früher reicht nicht mehr! Es hat einen
Grund, warum niemand Euren „Hilferuf“ hört!
Die Wahrheit? Ihr seid zu langweilig, zu sehr
Mainstream, zu einfallslos und dem Zeitgeist
hinterher.
Na, schon wütend geworden? Gut so! Denn
ein bisschen Dampf sorgt für den nötigen
Kampfgeist. Wenn ihr in der Google-Bildersuche
das Stichwort „Stellenanzeigen“ eingebt,
werden euch jede Menge solcher „Hilferufe“
ausgespuckt. Überall brennt’s. Was dabei deut-lich
wird: Alle Anzeigen besitzen einen ein-
WIRD IGNORIERT…
…und wer den Phrasenmäher anwirft,
ebenso. Über gähnend langweilige
Stellenanzeigen und die große Jammerei
über den Mitarbeitermangel.
heitlichen Aufbau. Selten, dass da mal was im
Meer der Mitarbeitersuche wirklich ins Auge
sticht. Und wenn doch, ist der Inhalt trotz-dem
oft derselbe. Belastbar, teamfähig und
flexibel sollen sie sein, die neuen Kollegen.
Wahre Organisationstalente, selbstständig
und eigenmotiviert – und, ach ja: angepasst.
Aber Achtung, das steht natürlich nicht so
offensichtlich in den Anforderungen. Nur nicht
auffallen und immer brav erledigen, was auf-getragen
wird. Meinungslose Arbeitstiere, die
nichts hinterfragen. Komisch. Denn passt das
zu den zuvor erwähnten Standard-Anforde-rungen?
Ist das nicht ein Paradoxon, wenn
ich selbstständige Denke erwarte, im Betrieb
dann aber das Duckmäusertum pflege? Cha-rakterköpfen
und Querdenkern wird – fataler-weise
– oft nahegelegt zu gehen. Dabei sind
es doch genau sie, die die Fehlerquellen auf-spüren
und laut ansprechen. Doch zurück zum
Eigentlichen:
Fachkräftemangel ist eine vorgeschobene
Entschuldigung dafür, nichts verändern zu
müssen! Sicher sind die Bedingungen heute
anders. Und sicher gibt es immer weniger
Menschen, die eine Ausbildung einem Stu-dium
vorziehen. Da sollte man aber, anstatt
rumzuheulen, lieber mal reflektieren und sich
überlegen: Warum ist das so? Noch viel wich-tiger:
Wie kann ich das ändern? Ein Lösungs-ansatz
wäre: Mit der Zeit gehen. Gute Arbeits-bedingungen
schaffen, statt auf Hierarchien
und Überstunden zu pochen und dies dann
als Eigenmotivation und Loyalität zu interpre-tieren.
Mehrwert und Sinn bieten! Mitarbeiter
zu gewinnen, ist nun fast schon schwieriger,
als Kunden zu generieren. Wen wundert das,
wenn man bedenkt, wie wenig Wertschätzung
in vielen Unternehmen an der Tagesordnung
ist. Da wird gemeckert statt gelobt. Erwar-tet
statt zurückgegeben. Kreative Freiheit für
die Selbstentwicklung? Überflüssiger Neuzeit-
Quatsch! Sorry, aber viele, die heute jammern,
haben exakt diesen verstaubten Denkansatz.
Wer Versprechen nicht halten kann, hat ver-loren.
Meine Yacht. Mein Ferrari. Mein Haus.
Protzen und damit aufzeigen: Wer bei uns ar-beitet,
kriegt das auch. Ach wirklich? Das kauft
Dir heute kein Schwein mehr ab. Außerdem
ziehen Statussymbole bei der jungen Gene-ration
längst nicht mehr. Jeder zweite junge
Städter besitzt nichtmal mehr ein Auto. Erleb-nisse
und Work-Life-Balance sind die Punkte,
die in den Fokus gerückt sind. „Zeit gegen
Geld eintauschen? Nicht mit mir!“, denkt sich
ein junger Mensch mit kritischer Weitsicht.
Werte sind andere geworden. Sinn und Zweck
ENGPASS
MITARBEITER
48 5/2018