„IMMER UF DROHT SI“
Seit Januar 2013 führt Alisa Schill die Metzgerei Boll in Görwihl im Südschwarzwald in dritter Generation.
Nachfolgend berichtet sie über ihre Erfahrungen und warum sie sich weiterbildet.
Fotos: Metzgerei Boll Die Ausbildung zur Fleischerei-Fachver-käuferin
absolvierte die heute 30-Jäh-rige
in der Metzgerei Müller-Herkom-mer
in Freiburg (2007-2010) und arbeitete
dann bis 2012 in der Metzgerei Gustav Win-terhalter.
Gegründet wurde die Metzgerei Boll
im Landkreis Waldshut 1963 von ihren Groß-eltern
Erwin und Dorothea Boll. 1999 übernah-men
deren Töchter Marianne Boll-Matt und
Alisas Mutter Gaby Kaiser den Betrieb, in dem
heute 20 Mitarbeiter beschäftigt sind.
„Ich liebe meinen Beruf einfach und das was
ich tue. Die direkte Beratung der Kunden
macht mir am meisten Freude. Wenn ich ihnen
etwa Tipps für die Verarbeitung des Fleisches
gebe und sie mir in der nächsten Woche sa-gen,
wie lecker sie ihr Gericht hinbekommen
haben. Da bekomme ich Glücksgefühle“, er-klärt
sie. „Wir versuchen uns abzuheben, in
dem wir neben Standardprodukten auch
Dinge anbieten, die es sonst nicht so oft und
überall gibt“, ergänzt die Fleischsommelière.
Ihren Fleischsommelier-Kurs machte sie 2020
beim Team der Fleischerschule Heyne, die im
BTZ in Weiterstadt ihren Sitz hat – aufbauend
auf ihrem 2014 erworbenen Meistertitel, den
sie noch in der Frankfurter Südstadt errang.
Welche Rolle spielt das Thema Weiterbildung
generell für Dich?
Mein Opa Erwin sagte immer: „Man muss im-mer
uf Droht si“. Übersetzung: Man muss auf
„Zack“ sein und mit der Zeit gehen. Weiterbil-dung
ist sehr wichtig für mich. Stillstand be-deutet
für mich einen Rückschritt zu machen.
Warum hast Du Dich für den Fleischsomme-lier-
Kurs in Weiterstadt entschieden?
Am besten gefallen hat mir das familiäre Um-feld
und dass sehr qualifizierte Dozenten vor
Ort waren. Angefangen, das Gelernte umzu-setzen
habe ich damit, dass ich den Kunden
neue Cuts nähergebracht habe (z. B. Flank-steak,
Moscow Cut, usw.). Wir haben uns auch
einen Reifeschrank angeschafft und bieten
unser leckeres, regionales Fleisch dry-aged
Säckingen, Rheinfelden, etc.), unser Online-
Shop sowie der regionale Lebensmittelhan-del.
Wir bieten auch Partyservice und unsere
sogenannten „Schinkenführungen“ an, aber
durch Corona ist das aktuell nicht möglich.
Die Corona-Pandemie wirkt sich insofern aus,
dass die Kunden noch mehr auf Regionalität
achten und viel bewusster einkaufen.
Ihr seid ein Spezialist für Schinken und Speck.
Was hat es mit den „Schinkenführungen“ auf
sich?
Wir haben einen sehr besonderen Speck, der
nach einem Rezept von Opa Erwin hergestellt
wird. Er reift mindestens drei Monate und
wird komplett von Hand hergestellt. Das wirkt
sich auf den Geschmack aus. Je länger ein
Speck Zeit hat zu reifen, desto besser! Bei der
„Speckführung“ in unserem „Speckkeller“ wer-den
den Besuchern die Produktionsprozesse
genau erläutert (mindestens zehn, maximal
100 Personen). Das macht mein Mann Marco,
der auch die Produktion leitet. Danach gibt
es eine Verkostung. Vor Corona haben wir
die Führung ein- bis zweimal pro Woche
gemacht. Auch Besucher aus der Schweiz,
Spanien oder Frankreich waren schon zu
Gast – dann mit einem Dolmetscher.
Was ist für das Jahr 2021 noch geplant oder
wird im Betrieb gerade umgesetzt?
Wir haben uns einen „Fleischautomaten“ an-geschafft,
da unser Hauptgeschäft seit An-fang
des Jahres geschlossen ist. Da wir auch
die örtlichen Edeka-Märkte beliefern, haben
wir unsere Rauchkapazitäten erweitert. Im
Laufe des Jahres werden wir unser Ex-Laden-geschäft
zur Produktionsfläche umbauen. In
den vergangenen Jahren haben wir uns in
der Region auch einen Namen mit unseren
leckeren Menü- und Wurstdosen gemacht.
Die Nachfrage stieg immer weiter, sodass
der Schritt mit dem Umbau nun gemacht
wird. mth
Vielen Dank für das Gespräch!
www.metzgerei-boll.de
mit verschiedenen Reifemethoden an. Zudem
habe ich das Sous-vide-Garen näher kennen-gelernt,
bei dem Fleisch vakuumiert im Was-serbad
über längere Zeit bei niedriger Tempe-ratur
gegart wird.
Was sind Eure Absatzwege und wie haben
diese sich entwickelt?
Unsere Hauptabsatzwege sind Wochenmärkte
an verschiedenen Standorten (Waldshut, Bad
INTERVIEW
34 3/2021
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