Fotos: Land.Luft/Mike König
Kann eine Schlachtung von
Schweinen tatsächlich weitgehend
stressfrei durchgeführt und damit
die bestmögliche Fleischqualität
geschaffen werden? Mit dieser
Kernfrage beschäftigt sich der
Bio-Hof Land.Luft im Rahmen
eines Tierwohlprojekts.
SCHLACHTEN AUF DER WEIDE
Land.Luft ist ein Unternehmen der Lind-ner
Group aus dem niederbayerischen
Arnstorf. Im Fokus des Projektes steht
die artgerechte Haltung von Schweinen
der Rassekreuzung Schwäbisch-Hällisches
Schwein/Duroc. Die Tiere werden ganzjährig
in einem großen Areal im Freiland gehalten
und erreichen zwischen sieben und neun
Monaten das gewünschte Schlachtgewicht
von 140 bis 170 kg. Um den Transportstress zum
Schlachthaus zu vermeiden, werden sie auf der
Weide geschlachtet. Dafür wurde ein spezieller
Schlachtanhänger mit der nötigen EU-Zulas-sung
entwickelt, in dem die Schweine betäubt
und entblutet werden. Ihre weitere Verarbei-tung,
inkl. Fleischuntersuchung, findet im nahe
gelegenen Zerlegebetrieb statt.
DIE STUDIE
Da bisher kaum Erkenntnisse über die mobile
Schlachtung beim Schwein vorliegen, beglei-teten
Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Manfred Gareis
und der Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit
der Tierärztlichen Fakultät der LMU München
das Tierwohlprojekt. Die Ziele der Studie lagen
auf der Beurteilung der Aspekte Tiergesund-heit,
Tierschutz und Tierwohl sowie der Krite-
rien zur Fleischhygiene, Lebensmittelsicher-heit
und Fleischqualität. Aus den gewonnenen
Ergebnissen lassen sich Empfehlungen zur
mobilen Schlachtung beim Schwein ableiten.
66 Mastschweine aus ganzjähriger Freilandhal-tung
wurden an elf Schlachttagen untersucht
und beprobt. Tierwohl- und Tierschutzprob-leme
wie Technopathien und Verletzungen
durch Kannibalismus, die oft bei Mastschwei-nen
aus konventioneller Haltung beobach-tet
werden, wurden dabei nicht festgestellt.
Aufgrund der Messungen auf Laktat im Blut
und Cortisol im Speichel konnte eine fast
stressfreie Schlachtung der Schweine belegt
werden. Wichtige Voraussetzungen dafür sind
der Einsatz von geschultem Personal, eine
frühzeitige Gewöhnung der Schweine an den
Anhänger und die Vermeidung der Einzel-
separierung der Tiere unmittelbar vor der Be-täubung.
Die zulässigen Zeitspanne zwischen Betäu-bung
und Entblutung wurde eingehalten und
so einem wesentlichen Tierschutzkriterium
Rechnung getragen. Auch gesetzlich vorge-schriebene
Prozesshygienekriterien wurden
erfüllt. Eine Zeitraum von über einer Stunde
zwischen Entblutung und Ausweiden des
Tieres wirkte sich nicht negativ auf Prozess-hygiene,
Fleischqualität und Keimbelastung
der Organe aus. Die bei der visuellen Fleisch-untersuchung
erhobenen Organbefunde – vor
allem bei Lunge und Leber – dokumentier-ten
einen ausgezeichneten Gesundheitszu-stand
der Tiere. Anhand der Bestimmung von
pH-Wert, Leitfähigkeit und Tropfsaftverlust
wurde die Fleischqualität aller Schlachtkörper
als sehr gut beurteilt.
Das Schlachten auf der Weide gewährleistet,
dass alle Belastungen, die mit dem Transport
verbunden sind, vermieden werden und den
wichtigsten Bedürfnissen der Tiere Rechnung
getragen wird. Bereits wenn Schweine ihre
gewohnte Umgebung v erlassen, erfahren sie
Stress. Hinzu kommen unbekannte Geräusche,
Gerüche und Situationen durch das Transport-fahrzeug,
das Abladen, die Wartebuchten und
das Zutreiben zur Betäubung in fremder Um-gebung.
Diese verängstigenden Faktoren ent-fallen
bei der mobilen Schlachtung komplett.
Die Resultate der wissenschaftlichen Unter-
suchungen sind in einer Dissertationsarbeit
an der Tierärztlichen Fakultät der LMU Mün-chen
dokumentiert. Weitere Infos zum Biohof
Land.Luft und dessen neuem Online-Shop
gibt es unter www.landluft.bio.
18 1/2020