Foto: Uni Hohenheim /Sacha Dauphin
ästhesie selbst ist schon schmerz-haft
und sogar für Tierärzte nicht
ganz einfach. Die Methode ist also
nicht nur unzuverlässig, sie kann
den Tieren sogar mehr Stress ver-ursachen
als die bisherige Praxis.“
MANGELNDE AKZEPTANZ
Nach Ansicht der Forscher ist da-her
die Immunokastration die
Methode der Wahl. Dabei erhält
der Eber zwei Impfungen, die das
Immunsystem zur Bildung von
Antikörpern gegen körpereigene
Hormone anregen. Nach der zwei-ten
Impfung wird die Hormonpro-duktion
eingestellt, der Pubertäts-
eintritt verzögert sich. Die Kosten
betragen rund 2,50 E pro Injek-tion.
Der Landwirt darf sie selbst
durchführen. „Eigentlich dient die
Methode dem Verbraucherschutz
und dem Tierschutz gleicherma-ßen“,
meint Prof. Dr. Stefanski.
Dass sie aber in Deutschland bis-her
kaum praktiziert wird, sieht
er vor allem in der mangelhaften
Marktakzeptanz, denn Einzelhan-del
und Schlachtbetriebe lehnen
die Produkte bisher meist ab.
„Das Verfahren bedeutet zudem
eine Veränderung in der Produk-tionskette“,
erläutert er. „Jetzt führt
der Ferkelproduzent die Kastra-tion
durch, doch die Immuno-
kastration findet später statt. Der
Arbeitsschritt und die Kosten wer-den
daher auf den Mäster übertra-gen
– diese Veränderung bringt
Unsicherheit mit sich.“
Im Projekt SuSI wollen die For-scher
alle drei Säulen der Nachhal-tigkeit
– Wirtschaft, Umwelt und
soziale Aspekte – bei der Immu-nokastration
weiter optimieren:
Sie soll wettbewerbsfähiger und
umweltfreundlicher werden sowie
das Tierwohl und damit die Wün-sche
der Verbraucher bestmög-lich
berücksichtigen. „Bereits jetzt
können wir sagen, dass die Im-munokastration
in vielerlei Hin-sicht
besser abschneidet als die
anderen Methoden“, ergänzt der
Bei einer Studie der Universität Hohenheim stehen vor allem Aspekte
des Tierwohls im Vordergrund. Die Untersuchung endet im August 2020.
Professor. „Die Umweltbilanz ist
jetzt schon besser und bezüglich
Magengeschwüren sind die Tiere
unauffällig, was auf wenig Stress
schließen lässt.“ Die Immunkas-trate,
so der Experte, zeigen ins-gesamt
ein wesentlich weniger
aggressives Verhalten. „Sie reiten
außerdem kaum auf Buchtenge-nossen
auf und schachten kaum
aus. Verletzungen durch Penisbei-ßen
sind daher selten.“ Kurzum:
Nach bisherigem Kenntnisstand
ist die Immunokastration zuverläs-sig
und bewirkt eine positive Ver-haltensänderung.
PROJEKT IN HOHENHEIM
An der Universität Hohenheim
steht vor allem der Aspekt des
Tierwohls im Vordergrund. An der
Versuchsstation Unterer Lindenhof
haben die Wissenschaftler rund
140 Schweine im Versuch – unkas-trierte
Eber, Immunokastrate und
klassisch kastrierte Tiere. Jeweils
ein Teil der Tiere lebt unter Bedin-gungen,
die der ökologischen Hal-tung
entsprechen, ein anderer Teil
wird unter konventionellen, sta-bilen
Bedingungen gehalten. Der
dritte Teil wird so gehalten, wie es
in der Praxis auch häufig gehand-habt
wird: konventionelle Haltung,
aber mit Umstallung nach der
Immunisierung – wobei die geän-
derte Zusammensetzung der Grup-pen
für die Tiere ein Stressfaktor
ist. Wie sich das auf die Tiere aus-wirkt,
ermitteln die Forscher an-hand
verschiedener Faktoren. Sie
beobachten, wie sich jeweils das
Aggressions- und Sexualverhalten
verändert. Sie entnehmen Blut-proben
um zu überprüfen, ob An-tikörper
nach der Immunisierung
vorhanden sind, die die männli-chen
Geschlechtshormone unter-drücken,
und ermitteln, ob das in-dividuelle
Verhalten mit dem Hor-monspiegel
korreliert. Nach der
Schlachtung der Tiere untersuchen
die Veterinärmediziner Prof. Dr.
Ludwig Hölzle und Prof. Dr. Korinna
Huber die Darmgesundheit und
die Zusammensetzung der Mikro-organismen
im Darm der Tiere. Sie
prüfen auf Magengeschwüre und
verschicken Proben an Partner-
Institutionen: Das Fleisch untersu-chen
slowenische Partner senso-risch,
Kotproben gehen zu einem
belgischen Partner für die Umwelt-bilanz.
Bis zum Ende des Projektes
wollen die Partner Erkenntnisse zur
Ernährung der Immunokastrate ge-winnen.
Das Ziel der Forscher ist
eine bessere Umweltbilanz mit we-niger
Stickstoffausscheidung und
einer besseren Treibhausgasbilanz.
Zudem sollen die Wirtschaftlich-keit
des Verfahrens verbessert, die
Verbraucherakzeptanz untersucht
und eine hohe Produktquali-tät
gewährleistet sein.
www.uni-hohenheim.de
Die Versuchstiere
Im SuSI-Projekt werden Masthybriden (Pietrain/Deutsche Landrasse)
eingesetzt. Die Tiere sind eine Eigenanzucht des Unteren Lindenhofs,
der Versuchsstation der Universität Hohenheim. Nach rund sechs Mona-ten
werden die Tiere, wie ihre Artgenossen aus normalen Mastbetrie-ben,
geschlachtet. Dies findet am Bildungs- und Wissenszentrum Box-berg
(Landesanstalt für Schweinezucht LSZ) statt. Schweine waren laut
Versuchstiermeldung 2017 mit 237 Tieren das dritthäufigste Versuchs-tier
an der Universität Hohenheim; nach Hühnern (4.705 Tiere) und
Hausmäusen (603 Tiere).
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