Fotos: The Storybuilders
ÜBER FLEISCH UND FEUER...
Der Trend – 365-Tage-Grillen: Davon sind zwei „alte Hasen“ – der Yello-Gründer und passionierte
Rinderzüchter Dieter Meier und der Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann überzeugt. Und davon, dass
„From nose to tail“ und hohe Fleischqualität keine Eintagsfliegen sind.
Es gibt viele grillaffine Völker auf der
Welt: Von den Braai-verrückten Südafrikanern
bis hin zu den BBQ-Spezialisten
aus den US-Südstaaten. Vermutlich gibt es
jedoch fast keine tiefere Verwurzelung des
Grillens in der Kultur einer Nation als in Argen-
tinien. Hier ist das Asado eine Art Religion,
eine nationale Philosophie.
Doch auch in Deutschland genießt das Grillen
einen hohen Stellenwert. Was früher eher im
Sommer stattfand, ist heute zur Ganzjahres-
Aktivität geworden. Im kulinarischen Gespräch
sprechen der Jahrhundertkoch Eckart
Witzigmann (80) sowie der Unternehmer und
Sänger des Schweizer Pop-Duos Yello Dieter
Meier (76) über Grilltrends und Fleischqualität.
Herr Witzigmann, wie hat sich das Grillen in
den vergangenen Jahren aus ihrer Sicht weiterentwickelt?
Eckart Witzigmann (EW:) Früher war Grillen
eine klassische Sommerangelegenheit, aber
der Trend geht mehr und mehr zum 365-
Tage-Grillen. Die Grills werden immer größer
und teurer. Sie sind echte Prestige-Objekte
geworden. Die Grillszene hat sich verselbstständigt
und ist neben dem ursprünglichen
Kochen ein eigener Bereich geworden. Die
Corona-Pandemie hat das Ganze noch weiter
befeuert. Viele Menschen haben in Outdoor-
Küchen und neue Grill-Utensilien investiert.
Herr Meier, auf ihrer Estancia Ojo de Agua in
der Pampa Humeda züchten sie Black Angus
und Hereford-Rinder. Was können wir von
Argentiniern lernen, wenn es ums Grillen und
Fleischkultur geht?
Dieter Meier (DM): Der Umgang mit dem
Feuer in Argentinien ist schlichtweg meisterhaft.
Feuerstelle und Grillstelle sind bei einem
Asado immer voneinander getrennt. Die Feuer-
stelle dient lediglich dazu, heiße Kohlen zu
erzeugen. Diese wird je nach Gebrauch zur
jeweiligen Grillstelle transportiert und für
die direkte oder indirekte Hitze eingesetzt.
Die Hitze kommt dabei von unten, von oben,
von rundherum oder auch von der Seite. Je
nach Technik vom berühmten Asador, das
aufgestellte Iron Cross für die Zubereitung
besonders großer Stücke, über die klassische
Parilla (Rost) bis hin zum Rescoldo, der Zubereitung
des Grillguts in der Asche. Francis
Mallmann beschreibt die einzelnen Techniken
im Buch „Seven Fires“ sehr anschaulich.
Er hat die argentinische Grillkunst in den vergangenen
Jahren auf die kulinarische Landkarte
der globalen Foodies gebracht.
Gas oder Kohle ist eine Frage, die schon fast
philosophisch diskutiert wird. Wie ist ihre
Meinung dazu, Herr Witzigmann?
EW: In der Tat hat sich das zu einer Frage von
Sein oder Nichtsein entwickelt. Gas ist die
pflegeleichtere Variante, mit Holzkohle
haben‘s aber mehr Möglichkeiten, den Geschmack
zu variieren. Letztlich sollte jeder
nach seiner eigenen Façon selig werden. Aber
Im Portrait
Dieter Meier (Bild o.li.): Der Schweizer
Tausendsassa ist Musiker, Lebemensch,
Investor, Rinderzüchter, Winzer, Gastronom
und Ex-Pokerspieler. Bekannt wurde der
Yello-Gründer in den 1980er-Jahren etwa
durch den Titelsong „The Race“ der ARDMusiksendung
„Formel Eins“.
Eckart Witzigmann (re.): Der österreichische
Jahrhundertkoch etablierte in den
1970er-Jahren die französische Nouvelle
Cuisine in Deutschland und entwickelte
sie weiter. Viele seiner früheren Mitarbeiter
zählen heute selbst zur ersten Garde der
Köche. Er gilt als einer der einflussreichsten
Köche des deutschsprachigen Raums.
INTERVIEW