Fotos: Influently, Colourbox.de
NACHWUCHS FINDEN
SOCIAL RECRUITING ALS
CHANCE
Im Interview spricht Mohamad
Chouchi von Influently über
neue Wege zur Gewinnung von
Auszubildenden
für das Handwerk
und die wichtige Rolle von
Instagram & Co. dabei.
Der gelernte KFZ-Meister
grün-dete
2016 das
Start-up Influently und
berät als Geschäftsfüh-rer
seitdem Unterneh-men
im Bereich Influen-cer-
Marketing. Zusätz-
lich betreibt er seit über zwei Jahren den
nach eigenen Angaben größten Podcast zu
dem Thema im deutschsprachigen Raum und
teilt sein Wissen mit seiner Community via
iTunes, Spotify, YouTube und einem Blog.
Was verstehen Sie unter Social Recruiting?
Social Recruiting ist in vielen Human-Resour-ces-
und Personalabteilungen von führenden
Unternehmen kein Fremdwort. Erfolgreiches
HR-Marketing ist ohne eine Social-Media-Stra-tegie
undenkbar. Auf dem Arbeitsmarkt stehen
immer weniger Azubis zur Verfügung – ein
demografischer Fakt. Social Recruiting bedeu-tet
die richtigen Kanäle zu nutzen, um die Ziel-gruppe
für eine Ausbildung auf Augenhöhe an-zusprechen.
18- bis 29-Jährige verbringen über
40 Minuten am Tag auf Instagram und tauschen
sich dort aus. Die Generation, die für eine Aus-bildung
erreicht werden soll, schaut sich weder
Plakate an noch informiert sie sich in der Zei-tung
über Unternehmen oder Berufe.
Wie unterstützen Sie interessierte Betriebe,
etwa aus dem Fleischerhandwerk?
Gemeinsam mit dem Betrieb bauen wir einen
Instagram-Kanal auf und zeigen, welche Mög-lichkeiten
der Beruf des/der Fleischers/in oder
der/des Fachverkäuferin/s bietet. Durch die
Transparenz, die wir auf Instagram zeigen,
räumen wir Vorurteile über das Fleischerhand-werk
aus dem Weg. Da die Kommunikation
zwischen Gleichaltrigen authentisch und auf
Augenhöhe verläuft, machen wir aus haus-
eigenen Auszubildenden Influencer, damit
sich ihre neue Community und künftigen
Auszubildenden direkt angesprochen fühlen.
Man kann auch mit Kollegen aus der Umge-bung
einen eigenen Kanal aufbauen.
Warum sollten Betriebe ihre Auszubildenden
zu Influencern machen?
Weil sie beispielsweise genau erklären können:
Wie bewerbe ich mich? Wie sehen die Aufga-ben
aus? Welche Perspektiven gibt es? Insta-gram
bietet alle Möglichkeiten: Videos, Bilder,
Mini-blog-Beiträge, Stories. Mein Tipp: Mit
den Azubis eine Strategie entwickeln und ih-nen
bei der Umsetzung vertrauen. Außerdem
sollten Beiträge regelmäßig platziert werden.
Lieber einen Kanal richtig betreiben, anstatt
drei Kanäle halbherzig.
Wie stellt sich Ihr Engagement mit Handwerks-
kammern dar?
Leider sind die meisten Kammern noch nicht
so offen für diese Themen. Wir sehen aber
auch Handwerkskammern, die eine tolle
Arbeit leisten und großartige Erfolge erzie-len.
Mit Kammern, die das Potenzial noch
nicht erkannt haben, führen wir Gespräche,
um sie zu motivieren, die Handwerksbetriebe
zu unterstützen. Nur gemeinsam können wir
Großes erreichen. Wenn Betriebe und Kam-mern
so weitermachen wie bisher, sieht es
für das Ausbildungswesen schlecht aus. Fast
jedes Geschäftsmodell im deutschsprachigen
Raum ist auf irgendeine Art und Weise vom
Handwerk abhängig. Die deutsche Ausbildung
genießt in fast jedem Land hohe Anerkennung.
Wenn wir diesen guten Ruf erhalten möchten,
sollten wir uns schleunigst bewegen und die
Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.
Wird der Turnaround gelingen?
Unser Motto lautet #Gemeinsamstark und
wenn wir gemeinsam danach handeln, kön-nen
wir den Azubimangel auffangen. Ich
wünschte mir, ich könnte sagen, dass wir noch
etwas Zeit haben, um dem Mangel entgegen-zuwirken,
doch dem ist nicht so. Der richtige
Zeitpunkt, um etwas zu verändern, ist nicht
morgen, sondern heute. mth
Vielen Dank für das Gespräch!
www.influently.de
21 2/2020