SERVICE & BEDIENUNG
In der Offenstallhaltung fühlen sich die Schweine besonders wohl. Etiketten sollen den Einkauf erleichtern.
Bei der Haltungsform drei Außenklima sind – am Beispiel Rindfleisch
– für die Mast folgende Platzverhältnisse im Stall vorgeschrieben:
Laufstall bis 150 Kilogramm Mindestfläche 1,5 Quadratmeter
je Tier; von 150 bis 220 Kilogramm zwei Quadratmeter; von
220 bis 400 Kilogramm drei Quadratmeter; mehr als 400 Kilogramm
vier Quadratmeter. Hier richtet sich also alles nach dem Gewicht
der Tiere. In der Haltung sind verschiedene Parameter möglich:
Laufstallhaltung mit ganzjährig nutzbarem Laufhof
(mindestens drei Quadratmeter je Tier im Laufhof), Laufstallhaltung
mit Weidegang (mindestens 120 Tage für sechs Stunden) oder
Offenfront-Laufstall. Verboten ist die Anbindehaltung. Futtermittel
sind nur ohne Gentechnik zugelassen, ein Tiergesundheitsmonitoring
ist wie ein qualifiziertes Antibiotikamonitoring obligatorisch.
Die Tiere müssen mindestens sechs Monate vor der Schlachtung
unter diesen Bedingungen gehalten werden.
Premium-Haltungsform nicht nur für Bio-Erzeugnisse
Die meisten Verbraucher gehen davon aus, dass die Premium-Haltungsform
vier nur für zugelassene Bio-Erzeugnisse gilt. Das ist aber
nicht richtig, denn auch konventionell produziertes Fleisch kann dieses
Haltungsform-Siegel erhalten. Dafür sind – am Beispiel von
Schweinefleisch – folgende Kriterien zu erfüllen: Mindestfläche 1,5
Quadratmeter je Tier, also mindestens 100 Prozent mehr Platz als gesetzlich
vorgeschrieben. Stallhaltung mit ständigem Zugang zu Auslauf
oder Freilandhaltung. Organisches Beschäftigungsmaterial, das
heißt Stroh oder vergleichbare Substrate muss vorhanden sein. Futtermittel
ohne Gentechnik und mindestens 20 Prozent Futtermittel
aus dem eigenen Betrieb beziehungsweise aus der Region ist vorgeschrieben.
Eine Befunddatenerfassung am Schlachthof und darüber
hinaus ein qualifiziertes Antibiotikamonitoring sind ab 2022 verpflichtend.
Bis dahin sind ein dokumentiertes Tiergesundheitsmonitoring
auf dem Betrieb inklusive Antibiotikamonitoring notwendig.
Zusätzlich ist die Teilnahme an einem in der Haltungsform registriertem
Programm vorgeschrieben, um dieses Siegel zu bekommen. Ein
Beispiel ist die Marke Glücksatt. Hier kommen die Schweine vom Aktivstall
und werden bei Brand Qualitätsfleisch geschlachtet. Verarbeitet
wird das Fleisch bei Schulte Lastruper Wurstwaren, von dem es
auch angeboten wird. Da alle Betriebe in Niedersachsen beheimatet
sind, handelt es sich auch um ein regionales Programm.
Derzeit sind bislang nur etwa 13 Prozent des Fleisches und der
Wurst, die im Handel erhältlich sind, mit den Stufen drei oder vier
gekennzeichnet. Die aktuelle Marktgröße wird auf 22 Prozent geschätzt.
Die Nachfrage nach Fleisch aus Tierhaltung der Stufen 2 bis 4
wächst rasant. Laut dem Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft greifen rund 50 Prozent der
Verbraucher zu kenntlich gemachten Produkten. Weitere Informationen
über die Haltungsformen gibt es unter www.haltungsform.de/
im-ueberblick/.
Nach wie vor ist für Deutschland ein staatliches Tierhaltungskonzept
im Gespräch. Unter dem Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung,
auch als „Borchert-Kommission“ bekannt, liegen Vorschläge auf dem
Tisch der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Es ist klar,
dass es kein echtes Tierwohl zum Null Tarif geben kann und dass es
finanziert werden muss. Bei der gesamten Problematik lohnt auch
ein Blick über die Grenzen: In Frankreich gibt es bereits seit 1965 das
„Label Rouge“ als staatliches Qualitätssiegel. Es wird vom Verbraucher
geschätzt, akzeptiert und bezahlt – als Tierwohl-Siegel und Geschmacksgarantie.
Der Autor
Michael Keller ist Fleischermeister,
Jäger und selbstständiger Fachberater
für französischen Käse, Rindfleisch,
Geflügel und Wein. Der Fachdozent
für Geflügel und Wild, der sich
seit 2017 zertifizierter Fleischsommelier
nennen darf, ist überdies
Teambetreuer des National Teams
Metzger „The German Wolf Pack“
und Jury-Präsident beim Kreativ-
Award-Wettbewerb von Fleisch-
Marketing. www.keller-promotion.de
6/2021 Fleisch-Marketing 35