Unternehmen & Konzepte
„Wir wollen das lokale Die brasilianische Geflügel-
branche wächst weiter. Fleisch-
Marketing sprach mit Ricardo
Santin, dem Geschäftsführenden
Direktor der Brasilianischen
Vereinigung für tierisches
Protein (ABPA), über Produk-
tionsbedingungen, Export und
ein neues Beratergremium
für den europäischen Markt.
FLEISCH-MARKETING: Die brasilianische
Geflügelbranche ist ein bedeutender Player
auf dem Weltmarkt. Wie haben sich die
Zahlen in den letzten Jahren entwickelt?
SANTIN: Brasilien ist eine der bedeutendsten
Geflügelnationen. Mit einer Produktion
von 12,8 Millionen Tonnen Hähnchenfleisch
im Jahr 2018 sind wir Vizeweltmeister nach
den USA und stellen 14 Prozent der weltweiten
Produktion. Und beim Export von
Hähnchenfleisch verteidigen wir seit Jahren
erfolgreich unseren Spitzenplatz. 2018 haben
wir 4,1 Millionen Tonnen ausgeführt,
das sind 36 Prozent der weltweiten Exporte
und 14 Prozent mehr als 2008. Der Wert der
Hähnchen-Ausfuhren lag 2018 bei 6,5 Milliarden
US-Dollar.
Insgesamt finden unsere Produkte in fast
160 Ländern Absatz. Besonders nachgefragt
sind Hähnchenteile (65 Prozent), gefolgt von
ganzen Hähnchen (30 Prozent). Verarbeitete
und gesalzene Produkte machen nur drei
beziehungsweise zwei Prozent der exportierten
Hähnchenprodukte aus.
FLEISCH-MARKETING: Welche Rolle spielen
der europäische und der deutsche Markt
für die brasilianische Geflügelbranche?
SANTIN: Nach Europa haben wir 2018 rund
263.400 Tonnen Hähnchenfleisch geliefert.
Ist stolz auf den fortschrittlichen Zustand der Geflügel-Zuchtbetriebe: Ricardo Santin, Geschäftsführender
Direktor der Brasilianischen Vereinigung für tierisches Protein.
Hier haben wir die wichtige Funktion, das
lokale Angebot zu ergänzen. Denn derzeit
kann die EU ihren Bedarf an Hähnchenfleisch
nicht selbst decken. Dabei muss sich niemand
sorgen, dass der Markt mit unseren
Produkten überschwemmt wird. Denn für
jedes Land, mit dem Brasilien Handel treibt,
wurden strikte Exportquoten festgelegt.
Unsere deutschen Kunden nehmen größtenteils
industriell verarbeitetes Hähnchenfleisch
ab. 2018 waren es 20.500 Tonnen.
An zweiter Stelle folgen Hähnchenteile
(16.100 Tonnen) und danach mit Abstand
gesalzenes Fleisch (5200 Tonnen). Unser
Geflügel kommt ausschließlich gefroren
nach Deutschland. Unsere Hauptabnehmer
sind die weiterverarbeitende Industrie beziehungsweise
der gesamte Food-Service-
Bereich.
FLEISCH-MARKETING: Wie gliedert
sich die Branche bei Ihnen?
SANTIN: Der größte Teil unseres Geflügels
stammt aus familiengeführten Betrieben.
Die Zuchtbetriebe sind Teil der Produk-
tionskette rund um 45 Unternehmen und
Genossenschaften, die für Verkauf und Promotion
der Geflügelproduktion zuständig
sind. Der Geflügelsektor schafft 4,1 Millionen
direkte und indirekte Arbeitsplätze.
FLEISCH-MARKETING: Die Anuga in
Köln steht vor der Tür. Was wird bei Ihrem
Auftritt im Mittelpunkt stehen?
SANTIN: Als ABPA sind wir auf der Anuga
mit einem Gemeinschaftsstand vertreten.
Insgesamt präsentieren sich mehr als zwanzig
brasilianische Geflügel-, Schweinefleisch-
und Eierproduzenten und -exporteure. Unser
Fokus liegt darauf, eine starke Partner-
schaft zwischen Brasilien und der EU aufzubauen,
um die Nahrungsmittelsicherheit zu
erhöhen. Wie auf allen anderen Messen stellen
wir Brasilianer auch auf der Anuga unter
Beweis, dass wir unseren Kunden aus der EU
und der ganzen Welt hochwertige und gesunde
Produkte liefern können.
FLEISCH-MARKETING: Tiergesundheit
und Tierwohl sind auf dem deutschen Markt
wichtige Kriterien. Wie gehen sie auf die
Forderungen der deutschen Verbraucher ein?
SANTIN: Tierwohl und Tiergesundheit hatten
für uns schon immer oberste Priorität.
Den fortschrittlichen Zustand unserer
Zuchtbetriebe hat kürzlich eine Untersuchung
bestätigt, die von unabhängigen Experten
des europäischen Instituts Phyllum
durchgeführt wurde. Unsere Hühner werden
in den allermeisten Fällen unter besten
Bedingungen aufgezogen. Sie haben opti-
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