anuga 2017
Die Revolution lebt!
Für den Fleisch- und Wurstmarkt in Deutschland ist das eine ungewöhnliche Story:
Die Startup-Unternehmer Michael Ziegler und Manuel Stöffler, ziemlich beste Freunde und Fußballkumpels,
haben beim gemeinsamen Grillen eine Idee und gründen Grillido. Das Ziel: Eine Wurst mit deutlich weniger
Fett und erheblich mehr Eiweiß und Proteinen – unter dem Claim „Die Wurst Revolution“ – auf den Markt
zu bringen. Die Folge sind viele Innovationspreise und einige Fernsehauftritte. Jetzt stellen die beiden
smarten Jungunternehmer erstmals auf der Anuga aus. Fleisch-Marketing sprach mit Ziegler über seine
Erfahrungen als Neuling in der Fleischbranche und seinen ersten großen Messeauftritt.
Fleisch -Marketing : Wie beurteilen Sie generell
den deutschen Wurst-Markt? Aus Sicht
der Qualität? Aus Sicht des Preisgefüges?
Ziegler : Deutschland ist Wurst-Land Nummer
eins. Die Qualität ist aufgrund der hiesigen
Handwerkskunst hoch. Die Preise im
Fleisch- und Wurst-Markt haben sich jedoch
in der Vergangenheit negativ entwickelt.
Richtig gute Qualität hat einen hohen Preis –
der sich aufgrund des Preisdrucks nur noch
ganz selten durchsetzen konnte. Das vorherrschende
Angebot im Wurst-Bereich ist die
Konsequenz daraus. Wir wollen Lebensmitteln
einen Wert geben und vor allem im
Wurst- und Fleischbereich deutlich machen,
dass Qualität mehr kosten muss. Davon kann
das ganze Segment profitieren.
Fleisch -Marketing : Warum dauerte
es so lange, bis ein Unternehmen wie Grillido
neue Akzente im traditionellen Wurstmarkt
setzten konnte?
Ziegler : Wurst ist jetzt nicht unbedingt das
erste Thema, an das man bei Startup denkt.
Wenn ich den Leuten erzähle, was ich mache,
wird häufig geschmunzelt. Das ist für uns
aber ein großer Vorteil: Das Thema polarisiert,
emotionalisiert, ist greifbar, die Menschen
verstehen es – im Vergleich zu komplizierten
Tech-Produkten. Viele junge Men-
schen haben zu diesem traditionellen Handwerk
keinen Zugang, vor allem wenn sie von
der Uni kommen. Auch ich war erst im Sensorik
Bereich tätig, bevor es bei mir um die
Wurst ging. Und sich anfangs in die Wurstküche
und auf den Weihnachtsmarkt zu stellen,
um die ersten Entwicklungen an den
Mann und an die Frau zu bringen, machen
junge Menschen auch nicht unbedingt mit
großer Freude.
Zudem ist es wahnsinnig herausfordernd,
sich im Frischebereich zu etablieren. Die Anforderungen
So sehen heute Revolutionäre aus: Manuel Stöffler (links) und Michael Ziegler haben der Nerv der
Zeit getroffen. Mit ihren Kreationen sprechen sie vor allem junge Verbraucher an.
an Entwicklung, Produktion,
Logistik und letztlich auch Vertrieb sind sehr
hoch. Bei einer App wittern viele Gründer das
schnelle Geld, um sich im LEH zu etablieren,
muss man nachhaltig arbeiten. Wir sehen die
Händler als Partner und wollen zeigen, dass
wir keine Eintagsfliege sind. Das braucht Zeit.
Man muss in diesem Markt viele Hürden
überspringen, um überhaupt gelistet zu werden.
Das schreckt viele ab. Und danach gilt es,
drin zu bleiben.
Im Wurst- und Fleischbereich hat man nur
eine Chance, wenn man eine Nische besetzt
und eine starke Marke aufbaut. Das ist ein
Mammut-Projekt. Wir lieben, was wir tun,
und sind überzeugt davon, dass wir Grillido
etablieren können.
Fleisch -Marketing : Wurst- und
Fleischkonsum ist bei jugendlichen Ver-
brauchern nicht der große Hit. Sie haben
es geschafft, diese Zielgruppe für einen sen-
siblen Food-Bereich zu interessieren. Wie
kann man die neuen Kunden langfristig
an die Produktgruppe binden?
Ziegler : 95 Prozent der Deutschen lieben
Fleisch, darunter auch viele junge Menschen.
Wurst hat in Deutschland ein sehr traditionelles
Image. Wir stehen für Tradition, die mit
der Zeit geht. Das gefällt auch der jüngeren
Zielgruppe. Studenten, Young Professionals
18 10/2017 F leisch-Marketing