anuga 2019
Die brasilianische Geflügel-
branche wächst, und ihre zu-
nehmende Bedeutung auf den
Weltmärkten will sie in Köln
unter Beweis stellen. Auf dem
Gemeinschaftsstand der ABPA,
der Vereinigung für tierisches
Protein, werden sich mehr als
zwanzig Unternehmen aus der
Fleischbranche präsentieren
(Halle 9.1, Stand C 51).
Auch Seara, einer der großen Hähnchenfleischvermarkter Brasiliens, ist in Köln vertreten.
Weltweite
Versorgerrolle
Während in zahlreichen asiatischen
und westlichen Industrieländern
immer wieder Schweinepest
und Vogelgrippe grassieren, ist in
Südamerika innerhalb der letzten 18 Jahre
ein gigantischer Fleischproduktionsgigant
erwachsen, der sich selbst als Problemlöser
sieht. Mit Brasilien schickt sich eine große
Nation an, die Ressourcen aufzubauen, die
zukünftig von immenser Bedeutung sein
könnten. Fleisch-Marketing war neben 22
weiteren Redaktionen aus 15 Ländern im August
auf Einladung der ABPA in Sao Paulo, um
sich einen Einblick in den brasilianischen
Fleischmarkt zu verschaffen.
Der Fokus der Brasilianer richtet sich primär
auf die Produktion und Vermarktung
von Geflügelfleisch. Im Jahr 2018 deckten die
Brasilianer knapp 14 Prozent des weltweiten
Hähnchenfleischbedarfs und sind weltweit
führende Exportnation. Während in vielen
Ländern die Produktionsmengen an ihre
Grenzen stoßen, bietet das Land noch Entwicklungsmöglichkeiten
– auch für die Europäische
Union. Die EU ist für die Brasilianer
ein interessanter Absatzmarkt, allerdings erschweren
europäische Reglementierungen
das Geschäft.
Ricardo Santin, Geschäftsführender Präsident
des für die Vermarktung von Hühner-
und Schweinefleisch sowie Eier verantwortlichen
brasilianischen Verbandes ABPA, ver-
weist trotz der Restriktionen auf die positive
Qualitätsbilanz des Landes hin. „Seit Jahren
hat Brasilien weder Fälle von Schweinepest,
Vogelgrippe oder anderen Erkrankungen aufzuweisen.
Unser Fleisch ist von hoher Qualität,
besonders schmackhaft und saftig. Wir
Brasilianer erfüllen zudem sämtliche internationalen
Qualitätsstandards“, betont er.
In den Bereichen Schweine- und Rindfleisch
spielen die Brasilianer ebenfalls eine
bedeutende internationale Rolle. Sie decken
laut ABPA in der Produktion von Schweinefleisch
8 Prozent und bei Rind 21 Prozent der
Weltproduktion ab.
Die Brasilianische Agrarministerin Tereza
Christina prognostizierte Ende August auf
der Agrarmesse SIAVS in Sao Paulo für ihr
Land aufgrund des stetig steigenden weltweiten
Fleischbedarfs ein Wachstum von zirka
40 Prozent bis 2025. „Brasilien hat die Voraussetzungen
und das Ziel, seine führende
Rolle in der Versorgungskette weiter auszubauen.
Die Weichen hierfür sind gestellt“, sagte
Christina.
Grundsätzlich ist ein deutlicher Unterschied
in der Denk- und Ausrichtungsweise zwischen
Europäern und den Brasilianern erkennbar.
In Europa ist man darauf bedacht,
seine Fleischqualitäten mit Fokus auf Themen
wie Bio oder Tierwohl zu verbessern.
Themen wie Absicherung der internationalen
Versorgungslage und massive Exportausrichtung
spielen dagegen eine eher untergeordnete
Rolle. Begrenzte Ressourcen und das
hohe europäische Preisniveau zählen ebenfalls
zu den entscheidenden Faktoren. Die
brasilianische Fleischwirtschaft sieht ihren
Weg in der Besetzung einer weltweiten Versorgerrolle
und setzt maßgeblich auf Export.
Der Sektor Agrar/Fleisch ist einer der
volkswirtschaftlich wachstumsstärksten und
befindet sich in Brasilien unter den „Top 10“.
Dass die Brasilianer aufgrund der klimatischen
Bedingungen fast zu 90 Prozent gentechnisch
verändertes Getreide zur Fütterung
einsetzen müssen, wird in Europa
kritisch gesehen. Dennoch warten die Brasilianer
auf einen verbesserten Zugang in die EU,
zumal die EFTA-Länder sich bereits weiter
geöffnet haben. Fest steht, dass der weltweite
Bedarf an Fleisch steigen und Brasilien mitwachsen
wird – mit oder ohne EU-Zugang.
10/2019 Fleisch-Marketing 33