anuga 2019
Die Anuga ist auch immer
ein Spiegelbild der aktuellen
Entwicklungen in der Ernäh-
rungsbranche. So waren die
vegetarischen Sortimente vor
vier Jahren in den Fleischhallen
ein Top-Thema, spielten 2017
aber allenfalls eine kleine Rolle.
Das dürfte sich diesmal
wieder ändern.
Hatten 2015 etliche Aussteller auf der
Anuga Meat zumindest einzelne
fleischfreie Produkte auf dem Stand
präsentiert, waren diese Erzeugnisse zwei
Jahre später kaum zu finden. „Wir haben
zwar fleischfreie Produkte, aber die haben
wir gar nicht mitgebracht. Die liegen teilweise
wie Blei in den Regalen“, fand Siegfried
Kaiser, Marketingleiter von Sprehe,
damals deutliche Worte. Auch Wolfgang
Schlüter, Vertriebsleiter von Windau, räumte
ein, dass man sich von der Produktion
fleischfreier Würste mehr versprochen
habe. Einzig Landhof rückte – in Abwesenheit
von Marktführer Rügenwalder – sein
vegetarisches Sortiment in den Mittelpunkt.
Mittlerweile gibt es aber Anzeichen, dass
sich nicht nur der der Fleischkonsum verändern
wird, sondern pflanzliche Alternativen
in Zukunft über einen signifikanten Marktanteil
verfügen werden. Friederike Wilker, für
das Marketing bei Wiltmann zuständig, ist
sich daher sicher, dass die sich ändernden
Verzehrgewohnheiten der Verbraucher – sei
es aufgrund des sozialen und demographischen
Wandels oder bedingt durch ethische,
religiöse und kulturelle Einflüsse – ein wichtiges
Thema auf der Anuga sein werden. Und
da würden Fleischersatzprodukten sicherlich
einen gewissen Raum einnehmen, erklärt
sie.
Diese Meinung teilt Thomas Borgers, Vertriebsleiter
beim Damhus. Sowohl Newcomer
als auch Etablierte wollten diesen Absatzmarkt
bespielen. Die Margen seien – noch
– interessant und die Verbraucher derzeit
sehr offen für das Thema, hat er festgestellt.
Spannend sei auch „die weitere Entwicklung
in Sachen Insekten-, Eiweiß-, Protein, Gemüseprodukte
Spannende
Entwicklung
Foto: Messe Köln
Intensive Gespräche prägen das Bild auf der Anuga Meat, dabei wird sicherlich auch die Entwicklung
der fleischlosen Alternativen zur Sprache kommen.
als Fleischalternative“. Denn die
mediale Aufmerksamkeit sei derzeit noch
größer als der eigentliche Markt, aber man
könne schon Veränderungen im Denken und
Handeln sehen – auch auf Einkäuferseite.
Solche Produkte hätten auf Dauer aber nur
eine Chance, wenn sie geschmacklich und
optisch den Kunden stark ansprechen und
der Preis nicht abschreckt. Hierzu werde sicherlich
das ein oder andere Gespräch auf
der Anuga geführt, ist Borgers sicher.
Auf die Frage, ob Fleischalternativen auf
der Messe ein wichtiges Thema sei, antwortet
Sarah Dhem: „Ich befürchte es.“ Die Geschäftsführende
Gesellschafterin von Schulte
– Lastruper Wurstwaren und Präsidentin des
Bundesverbands der Deutschen Fleischwarenindustrie
sagt weiter: „Fleischlos, dafür
mit jeder Menge Zusatzstoffen, fragwürdigen
Herkünften und indiskutablem Nährwerten
oder gesundheitlichen Aspekten kann keine
Lösung sein.“ Sie sehe eine nachhaltige Tierhaltung
als beste Alternative für die Zukunft,
betont Dhem.
Auch Michael Hackner, Geschäftsführer
des Darmspezialisten CDS, ist der Ansicht,
dass der Diskussion um fleischlose Produkte
zu großer Raum gegeben wird. „Es wird
sich zeigen, ob insbesondere die sogenannten
Fleischersatzprodukte tatsächlich so
nachhaltig sind, wie sie immer angepriesen
werden, und die verwendeten Zutaten tatsächlich
förderlich für die Gesundheit sind.
Wer sich fleischlos ernähren will, kann das
heute schon sehr gut mit heimischen Obst,
Gemüse und Kartoffelprodukten. Und mir
erschließt sich nicht, warum jemand bewusst
auf Fleisch verzichten will und dann
aber dafür Ersatzprodukte sucht, die wie
Fleisch aussehen, schmecken und am besten
auch noch nach Fleischprodukten benannt
werden sollen“, nimmt er einen eindeutigen
Standpunkt ein.
Moderater ist die Meinung von Dr. Ingo
Stryck, Geschäftsführer Marketing bei Wiesenhof:
„Unserer Einschätzung nach wird der
Konsum von Fleisch aber auch in Zukunft einen
bedeutenden Anteil haben. Wie bei anderen
Angebotsformen auch, wird es hier zu
einem Nebeneinander der Produkte kommen,
und der Verbraucher wird entscheiden,
zu welchem Produkt er greifen möchte.
20 10/2019 F leisch-Marketing