anuga 2019
Die Notwendigkeit, im Umgang
mit Antibiotika deutlich sorg-
fältiger zu agieren, wird auf der
Anuga Meat ein wichtiges Thema
sein. So verwunderte es nicht,
dass sich auch das vom Belgian
Meat Office alljährlich organisierte
Round-Table-Gespräch mit
dieser Problematik befasste.
Zur 14. Gesprächsrunde mit Journalisten
aus ganz Europa konnte Joris
Coenen, Geschäftsführer beim Belgian
Meat Office, seinen Einstand als
Nachfolger des langjährigen Vlam-Vorstands
René Maillard geben. In den Räumen
einer ehemaligen Kirche inmitten
von Mechelen, einer Kleinstadt wenige
Kilometer von Brüssel entfernt, standen
die Themen Lebensmittelqualität und Gesundheit
im Mittelpunkt der Vorträge und
Debatten. Professor Jeroen Dewulf, Experte
für Bio-Sicherheit und Epidemiologie
an der Universität Gent, beschäftigte sich
in seinem Vortrag mit dem Einsatz von
Antibiotika. Zwar würden seit 70 Jahren
regelmäßig Antibiotika genutzt, doch drohe
in absehbarer Zeit ein Szenario, dass
von resistenten Krankheitserregern geprägt
sein könnte. Es sei eine überlebenswichtige
Notwendigkeit, den Einsatz von
antibiotischen Wirkstoffen erheblich einzudämmen.
Was sich ansonsten in wenigen
Jahren entwickeln könne, sei drastisch:
„Bei einer wachsenden Resistenz
der Mikroorganismen würden Operationen
von einem höheren Infektionsrisiko
begleitet sein“, erklärte Professor Dewulf.
Wenn über 40 Prozent der Krankheiterreger
eine Resistenz entwickeln, wäre im
Extremfall zur Mitte des Jahrhunderts mit
jährlich zehn Millionen Todesfällen weltweit
zu rechnen. „Das ist mehr, als bei einer
Ebola-Epidemie zu befürchten sind“,
betonte er.
Es gelte auch die Haus- und Nutztiere
bei der Problematik einzubeziehen. Als
besonders exponierte Risikogruppen
nannte er Tierärzte und alle Fleischverarbeiter.
Er stellte heraus, dass nicht allein
die Menge der eingesetzten Antibiotika
Von Erregern
geprägt
Sorgten für ein interessante Programm (von links): Joris Coenen, Professor Jeroen Dewulf, Dr. Liesbet
Pluym und Erik Lenaers.
eine Rolle spiele, sondern auch Dosis und
die Länge der Behandlung. Dabei sollte in
Erwägung gezogen werden, ob nicht eine
gezielte Impfung besser wirke als der
breite Einsatz der Mittel. Dass dies möglich
sei, beweisen die Erfahrungen, die in
Skandinavien Ländern gemacht wurden.
Dort verabreiche man seit einiger Zeit
deutlich weniger Antibiotika. In den meisten
Fällen erfolge das gezielt und nicht
durch die Beimischung der Wirkstoffe in
das Futter. Als Masthilfsmittel, so der
Fachmann, sollten Antibiotika ohnehin
ausgedient haben.
Dr. Liesbet Pluym, zuständig für Koordination
und Qualitätssicherung bei der vor
rund 20 Jahren gegründeten Organisation
Belpork, machte in ihrem Vortrag deutlich,
dass nur eine in sich geschlossene
Kette zu einem dauerhaft von Qualität, Sicherheit
und Geschmack charakterisierten
Produkt führen könne. Tierwohl und
Rückverfolgbarkeit seien wesentliche Fak-
toren. Die Organisation vergibt das Siegel
„Certus“ für Schweinefleisch, das den
Anforderungen der Organisation entspricht.
Inzwischen sind rund 60 Prozent
aller belgischen Schweineerzeuger Mitglieder
in dem Programm. Im Bezug auf
die Anwendung von Antibiotika gibt es
klare Richtlinien: Im nächsten Jahr soll die
Menge aller angewandten Mittel auf die
Hälfte reduziert werden. Für die Zukunft
ist ein Herden-Gesundheitsplan vorgesehen,
außerdem soll dessen Umsetzung,
sowie der Einsatz von Medikamenten in
Echtzeit an die Organisation übermittelt
werden.
Einen eklatanten Mangel an aussagekräftiger
Kommunikation der Fleischwirtschaft
mit ihren Kunden beklagte Erik Lenaers
von der Agentur Weber Shandwick.
Er zeigte auf, dass Glaubwürdigkeit und
ein authentischer Auftritt speziell in der
Fleischwarenbranche oft zu wünschen
übrig lassen.
18 10/2019 F leisch-Marketing