Unternehmen & Konzepte
Die „Kompromisswurst“
als Touristenattraktion
Im ostbayerischen Neumarkt
lernen Besucher an Deutschlands
erster „Weißwurst-Akademie“
alles, was man über die urbayerische
Spezialität wissen muss. Am
Ende wartet auf die Teilnehmer
das „Weißwurst-Diplom“.
Die Weißwurst ist die wohl bekannteste
kulinarische Spezialität in Bayern.
Einmal probieren gehört für
Touristen aus aller Welt zum Pflichtprogramm,
wenn man den Freistaat besucht.
Ein Metzgermeister aus Neumarkt in der
Oberpfalz ist jedoch überzeugt, dass der Genuss
zu wenig ist. Er gründete Deutschlands
erste „Weißwurst-Akademie“. In der Metzgerei
von Norbert Wittmann können nicht
nur Touristen, sondern auch Einheimische
Fotos: obx-news
Nach der Theorie werden die Seminarteilnehmer in der „Weißwurst-Akademie“ selbst aktiv und stellen
in der Metzgerstube ihre eigenen Würste her.
und Zugezogene alles lernen, was rund um
die perfekte Zubereitung des bayerischen
Klassikers aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck,
Petersilie, Zwiebeln und Gewürzen
wichtig ist.
Historische Metzger-Werkzeuge
Die eintägige Ausbildung an der „Weißwurst
Akademie“, die 69 Euro pro Person
kostet, beginnt mit einer „Vorlesung“ über
die Geschichte der bayerischen Spezialität.
Angeblich erblickte die Weißwurst
1857 in einem Münchner Gasthaus das
Licht der Welt. Bei der Herstellung der damals
beliebten Kalbsbratwürste waren
dem Wirtsmetzger Joseph Moser eines
Morgens die Schafssaitlinge ausgegangen.
In seiner Not füllte er das helle Brät in
Schweinedärme und brühte sie in heißem
Wasser – weil er fürchtete, dass die Würste
beim Braten sonst platzen würden. Aus
der in der Not entstandenen „Kompromisswurst“
wurde ein Bestseller: Die
Wurstkreation verbreitete sich schnell
über den ganzen Freistaat.
Im Praxisteil dürfen die Seminarteilnehmer
ihre eigenen Würste herstellen. Der Neumarkter
Metzger hat eigene Maschinen
angeschafft, die nur für die Seminare der
Akademie genutzt werden. Während die
Würste im Kessel garen, steht für die
„Weißwurst-Schüler“ die Abschlussprüfung
auf dem Programm. Wichtige Fragen müssen
beantwortet werden: Welche Gewürze stecken
in der Wurst? Und wie wird sie korrekt
verspeist? Am Ende wartet das „Weißwurst-
Diplom“, das bei einer Brotzeit mit den selbst
gemachten Würsten verliehen wird.
Auf die Idee, aus der Weißwurstherstellung
eine Touristenattraktion zu machen, hat
Metzgermeister Wittmann vor Jahren eine
Gruppe von Geschäftsreisenden gebracht.
Die Manager waren Gäste in Wittmanns Hotel
und wollten dem Oberpfälzer unbedingt
bei der Weißwurstproduktion über die
Schulter schauen. Mittlerweile hat Wittmann
seine „Weißwurst-Akademie“ um eine weitere
Attraktion bereichert. Die Teilnehmer
und Besucher können in die Geschichte der
Wurstherstellung eintauchen: Direkt neben
den Schulräumen hat der findige Unternehmer
ein „Metzgerei- und Weißwurstmuseum“
mit historischen, bis zu 400 Jahre alten
Metzger-Werkzeugen eingerichtet.
Neben den Schulräumen gibt es ein kleines Museum,
in dem hat Norbert Wittmann historische
Metzger-Werkzeuge ausgestellt.
38 10/2018 F leisch-Marketing