Service & Bedienung
lukrativer Nischenmarkt
Keulenteile lassen sich hervorragend veredeln – sei es vom Wildschwein
(links) oder vom Reh.
Reh-, Rot- oder Damwild kann er dies direkt beurteilen. Bei
Allesfressern – wie Dachs oder Wildschwein – wird eine amtliche
Trichinenprobe beim Veterinäramt eingereicht, zu der es
ein passendes Protokoll und eine Ohrmarke gibt. Erst nach einer
Untersuchung gibt das Veterinäramt das Fleisch frei, und der Jäger
kann es veräußern.
Moderne Präsentation
Angesichts der veränderten Verzehrgewohnheiten stellt sich die
Frage, warum sich die Meinung hält, dass Wild nur in der kalten
Jahreszeit genossen werden sollte. Früher wurde das Wild nach
dem Aufbrechen zum Auskühlen nach draußen gehangen. Der
eine oder andere Jäger hat es damit übertrieben und es entwickelte
sich das, was die Franzosen „Hautgout“ nennen. Der Begriff
steht für einen strengen Geschmack, der von einem intensiven,
leicht fauligen Geruch begleitet wird. Er ist Ausdruck eines
hohen bakteriellen Verkeimungsgrades aufgrund zu langer und
zu warmer Reifezeit. Heutzutage muss man Wild nicht mehr in
Buttermilch einlegen oder mit allerlei Kräutern, Beeren und
Wachholder überwürzen, um den eigenen Geschmack abzumildern
oder zu überdecken.
Wild wird jetzt nach dem Schuss so schnell wie möglich aufgebrochen
– also Magen, Darm und Innereien aus dem Wildkörper
genommen und ausgeblutet. Dann wird es schnell bei Umluftkühlung
von ein bis vier Grad Celsius heruntergekühlt. Dafür
müssen alle Eigenjagd-Besitzer oder Jagdpächter sogenannte
Wildkammern besitzen, um das Wild hygienisch einwandfrei zu
be- oder verarbeiten.
Präsentiert werden sollte Wild so modern und appetitlich wie
das „andere“ Fleischsortiment. Es sollte also nicht lieblos in einer
Ecke platziert werden, wo es immer mehr antrocknet und
wenig Lust und Appetit macht. Auch bei den Angebotsformen
gibt es viele Möglichkeiten. Wie wäre es mal mit Tomahawksteaks
vom Wildschweinrücken oder Tournedos von der Hirsch-
Semerrolle. Auch Burger-Patties von Wildfleisch sind innovative
Artikel und befinden sich überdies außerhalb des Preisvergleichs.
Foto: Dirk Rösken
Das Auslösen eines Hirschrückens ist nicht so schwierig und gelingt mit
etwas Übung relativ einfach – allerdings sollte man ein gutes Filetiermesser
benutzen.
Grundsätzlich ist Wildfleisch verhältnismäßig preiswert.
Es kann hervorragend veredelt werden, einen hohen Umsatz
und einen sehr guten Rohertrag einbringen. Voraussetzung
ist allerdings, dass man von dem Produkt zu hundert Prozent
überzeugt ist und hinter dem Angebot steht – aber das ist ja eigentlich
immer so.
Der Autor
Michael Keller ist Fleischermeister
und selbstständiger Fachberater für
französischen Käse, Rindfleisch, Geflügel
und Wein. Der Fachdozent
für Geflügel und Wild, der sich seit
2017 zertifizierter Fleischsommelier
nennen darf, ist überdies Teambetreuer
der deutschen Metzger-Nationalmannschaft
und Jury-Präsident
beim Kreativ-Award-Wettbewerb
von Fleisch-Marketing.
www.keller-promotion.de
9/2018 Fleisch-Marketing 29