Trends & Märkte
„Ein Rennen mit
offenem Ausgang“
Das Münchener Beratungsunternehmen
Munich Strategy hat jetzt eine Untersuchung
zum Thema Handelsmarken vorgestellt.
Fleisch-Marketing sprach mit Dr. Werner Motyka,
Leiter Geschäftsbereich Nahrung, über die
zum Teil überraschenden Ergebnisse.
Fleisch-Marketing: Sie prognostizieren, dass die
Nachfrage nach Handelsmarken in den nächsten Jahren weiter
steigen wird. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?
Dr. Motyka: Prognosen der Rabobank und die von uns befragten
Marktteilnehmer und Experten gehen ganz überwiegend davon
aus, dass sich die Entwicklung fortsetzt, die über die letzten Jahre zu
beobachten war: Handelsmarken wachsen zu Lasten von B- und CMarken.
Treiber sind die Leistungsmarken des Handels. Verstärkend
kommt hinzu, dass aktuell alle namhaften Händler mit Nachdruck
an ihren Handelsmarken arbeiten, dieses Wachstum also
aktiv weiter vorantreiben. Ein nennenswerter Teil des Wachstums
wird daher qualitatives Wachstum in Verbindung mit höheren
Durchschnittspreisen sein.
Fleisch-Marketing: Im Bereich Fleisch, Wurst, Feinkost
und Fleischersatzprodukte ist der Anteil der Handelsmarken
schon jetzt zum Teil hoch. In welchen Warengruppen sehen
Sie vor diesem Hintergrund noch Spielraum nach oben?
Dr. Motyka: Bei zahlreichen Warengruppen besteht noch erhebliches
Wachstumspotential für Handelsmarken. Wie stark und wie
rasch dieses ausgeschöpft werden kann, ist jedoch je Kategorie individuell
zu beurteilen.
Die Nielsen-Marktforschung weist Wurstwaren SB als zweitgrößte
Warengruppe nach Süßwaren aus. Der Handelsmarkenanteil stieg
2017 um einen halben Punkt und hat mit 59,3 Prozent den höchsten
Wert aller Food-Warengruppen erreicht, knapp vor Käse SB. Da
es sich dabei um den Umsatzanteil handelt, kann man davon ausgehen,
dass 70 bis 80 Prozent der Menge im Wurst-SB-Regal unter
Handelsmarken verkauft werden. Hier bewegen sich viele Händler
mit ihren eigenen Fleischwerken natürlich auf vertrautem Terrain
und wagen sich auch mal an innovative Konzepte wie die Edeka
Südbayern mit ihren fettarmen Produkten oder Omega-3-Anreicherung.
Rügenwalder, Reinert, Herta und die anderen Markenher-
steller strengen sich erkennbar an, künftiges Wachstum nicht den
Handelsmarken zu überlassen. Das wird ein spannendes Rennen
mit offenem Ausgang.
Dr. Werner Motyka erwartet, dass die Nachfrage nach Handelsmarken in
den nächsten Jahren weiter steigen wird.
Bei Nahrungsmitteln nutzen die Händler zusätzlich die Chance, kategorie
übergreifende Konzepte zu installieren, was den Markenherstellern
aufgrund ihrer Sortimente nicht möglich ist. So findet
sich das spezifische Bio-Logo des jeweiligen Händlers ebenso auf
der Trinkmilch wie auf der Hähnchenbrust und auch ‚frei von …‘-
Konzepte werden über viele Warengruppen gespannt. Ähnlich
könnte es jetzt bei Fleisch mit den Tierwohl-Logos der Händler laufen.
Wenn sie es schaffen, die Botschaft „ethischerer“ Produkte bei
SB-Fleisch dem Konsumenten zu vermitteln, dann kann man das
durchaus als einen Sieg der Handelsmarken in diesem wenig markengeprägten
Sortiment lesen.
Anders sieht es bei Fleischersatzprodukten aus. Dort gibt es schon
seit einigen Jahren Handelsmarken-Artikel, vor allem bei Aldi und
Netto. Den Urknall für diese Sortimente hat aber erst Rügenwalder
geschafft mit der mutigen Entscheidung, seine bei Wurstwaren bes-
18 9/2018 F leisch-Marketing