SERVICE & BEDIENUNG
Auch aus den unterschiedlichen Teilen des Lamms lassen sich erstklassige
Steaks gewinnen.
Die Erkenntnis, dass es Steakfleisch auch außerhalb der bekannten
Zuschnitte gibt, ist aus anderen Ländern zu uns geschwappt. Schon
immer hat man in den Vereinigten Staaten Steaks aus dem Vorderviertel
gewonnen oder auch aus Teilstücken der Bauchmuskulatur,
obwohl diese – insbesondere bei Rindern – massiv mit Bindegewebe,
das die Muskulatur stützt, belastet ist. Das liegt daran, dass Mengen
an Futter im Bauchbereich bewegt werden und ein hohes Gewicht
von darüber liegenden Muskelpartien darauf lastet.
Bei der Schulter hat man ein schieres Stück Fleisch, wenn man das
Schaufelstück von der Unterseite der Haut befreit und oben die Knochenhaut
sowie die Oberflächenfaszien abzieht. Es zeichnet sich allerdings
durch eine sehr starke Sehne in der Mitte aus. Deshalb muss
man mit einem passenden Zuschneidemesser die Sehne aus dem
Muskel entfernen, so dass man zwei flache Steakmuskeln der Extraklasse
bekommt. In den USA heißen die beiden Teile Flat Iron, also
flaches Eisen. Auf dem dicken Bugstück ist ein länglicher kleiner Muskel,
der fein gefasert ist und sehr gut zum Kurzbraten genutzt werden
kann. Man nennt dieses Teilstück in den USA Teres Major. Bei uns ist
dieser Muskel als Metzgerstück bekannt. Wenn man diesen Muskel –
gut abgereift – als Steak nutzt, wird man begeistert sein. Im Bauchlappen
gibt es – wenn man die Häute abzieht – zwei exzellente Steakteile.
Das Flank ist bereits im Markt etabliert, meiner Meinung nach ist das
dickere hintere Stück aber noch besser. Im englischen ist es als Flap
Meat und in Frankreich als Bavette d‘Aloyau bekannt. Da sich in der
deutschen Sprache dafür keine passende Bezeichnung findet, kann
man es mit den internationalen Namen anbieten.
Wenn man Teile vom Lamm nimmt, könnte man die Keulen mit
Röhrenknochen aufsägen und als Keulenkotelett anbieten. Man kann
aber auch die Keule in die einzelnen Muskeln zerlegen, um erstklassige
Steaks zu bekommen – gut pariert von der Unter- oder Oberschale,
von der Kugel, Hüfte oder Tafelspitz. Dazu kommen die Rückenteile,
der Nacken und ebenfalls Teile aus der Schulter, die sich hervorragend
eignen, Spieße zu produzieren. Die Rippenteile des Rückens
sind prädestiniert für die Lammkrone. Sie glänzen – mit den acht Rippen
längs geschnitten – nicht nur visuell, sondern auch geschmacklich.
Das restliche Rückenteil überzeugt mit den Blattfedern ausge-
löst als schieres Rückensteak, als Filet oder als Doppelkotelett geschnitten.
Ein Bavette
d’Aloyau mit
langer Faser –
hier muss man
nach dem Braten
passend
schneiden.
Auf den Wandel der Verzehrgewohnheiten sollte man auch mit seinem Angebot
in der Fleischtheke eingehen.
Die Antwort auf die Frage, warum der Trend für Artikel zum Kurzbraten
anhalten und sich in naher Zukunft wahrscheinlich noch verstärken
wird, ist einfach. Es gibt den Wunsch nach schneller, möglichst
unkomplizierter Zubereitung. Darüber hinaus verlangen Schmorgerichte
Kochkenntnisse, die nicht mehr bei allen vorhanden sind.
Der Autor
Michael Keller ist Fleischermeister, Jäger
und selbstständiger Fachberater
für französischen Käse, Rindfleisch,
Geflügel und Wein. Der Fachdozent für
Geflügel und Wild, der sich seit 2017
zertifizierter Fleisch- und seit Juni
auch Wildsommelier nennen darf, ist
überdies Teambetreuer des National
Teams Metzger „The German Wolf
Pack“ und Jury-Präsident beim Kreativ
Award-Wettbewerb von Fleisch-
Marketing. www.keller-promotion.de
10/2022 Fleisch-Marketing 31