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Auf immer mehr Tischen kommt das Raclette zu Weihnachten oder Silvester
zum Einsatz, weil es Essen und gute Kommunikation verbindet.
schlachtgewicht ist der Barbarie-Erpel für sechs Personen ausreichend.
Um den Eigengeschmack zu stärken, reicht es, den Vogel von
innen und außen – am besten vierundzwanzig Stunden vor der
Zubereitung – gut zu salzen und dann wieder einzukühlen. Das Salz
sorgt für einen Pökeleffekt, für mehr Zartheit, eine feinere Struktur
und einen intensiveren Geschmack.
Vor dem Zubereiten sollte der Vogel wieder auf Zimmertemperatur
gebracht werden. Bei dem Garprozess sollte mit unterschiedlichen
Temperaturen gearbeitet werden – mit Ober- und Unterhitze bei 180
bis 200 Grad Celsius anfangen, mit 140 bis 160 Grad weitergaren und
zum Schluss 20 Minuten im ausgeschalteten Ofen mit gekippter Türe
zarter und saftiger werden zu lassen.
Im Grunde genommen ist das Salz zur Würzung ausreichend. Dazu
kann man noch mit Aromaten in der Bauchhöhle arbeiten. Dabei sind
der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Neben Kräutern wie Rosmarin,
Thymian, Majoran oder Salbei bieten sich auch Zitrus-Aromen als
Abrieb von Orange, Limette, Zitrone oder Grapefruit an. Herbe
Früchte passen ebenfalls als Chutney sehr gut zum Geflügel. Das gilt
auch für eine süßlichere Zwiebel-Marmelade.
Neben der Barbarie-Ente ist auch ein Perlhuhn sehr gut als
Festtagsgeflügel geeignet. Dieser im Ursprung aus Afrika stammende
Wildvogel hat seinen Wildcharakter behalten und ist sehr vielfältig in
der Zubereitung. Für die kalte Jahreszeit empfiehlt es sich, das
Perlhuhn mit Äpfeln und Zwiebeln sanft zu schmoren. Abgelöscht mit
einem passenden Weißwein – beispielsweise einem trockenen
Riesling – intensiviert man den leichten, feinen Wildgeschmack. Thymian
passt als aromatisches Wildkraut besonders gut zum Perlhuhn.
Eine weitere geschmackvolle Alternative zur Gans ist ein älter
gewordenes Freilandhähnchen. Mit 120 Tagen werden die Poularden,
ein weiblich geschlechtsreifes Hähnchen einer langsam wachsenden
Rasse, geschlachtet. Mit 30 Tagen dürfen die Tiere bei Tageslicht aus
dem Stall auf die Auslaufflächen und haben dann mindestens zwei
Quadratmeter Freilauf pro Tier. Kurz vor der Geschlechtsreife kom-
men die Prinzessinnen, wie sie von den Züchtern genannt werden, in
den Stall und werden mit Maismehl und Milchpulver endgemästet.
Das Ergebnis ist ein außerordentlich zartes, saftiges, feingefasertes
mit intrazellulären Fetteinschlüssen versehenes Fleisch.
Das männliche Gegenstück ist der Kapaun. Er erreicht im
Freilandbereich ein Alter von mindestens 150 Tagen, bevor er
Wenn die Familie an den Festtagen zusammenkommt, hat das traditionelle
Weihnachtsessen mit Großgeflügel aus dem Ofen Hochkonjunktur.
geschlachtet wird. Kurz vor der Geschlechtsreife wird der Hahn kastriert
und verliert die Lust auf die Henne. Der Hormonhaushalt stellt
sich um, er verliert seinen Kamm hat wenig Lust sich zu bewegen,
frisst sehr gerne – oft Mais – und baut somit intramuskuläres Fett auf.
Poularden und Kapaune sind wie die Babypute im Nach-
barland Frankreich eine Weihnachtsspezialität: Sie kommen ab Anfang
Dezember in die Märkte. Da man ab Mitte Januar wieder elf Monate
auf sie warten muss, handelt es sich um echte Saisonprodukte.
Poularden bieten ein außerordentlich zartes, saftiges, feingefasertes mit
intrazellulären Fetteinschlüssen versehenes Fleisch.
Der Autor
Michael Keller ist Fleischermeister,
Jäger und selbstständiger Fachberater
für französischen Käse, Rindfleisch,
Geflügel und Wein. Der Fachdozent
für Geflügel und Wild, der sich
seit 2017 zertifizierter Fleischsommelier
nennen darf, ist überdies
Teambetreuer des National Teams
Metzger „The German Wolf Pack“
und Jury-Präsident beim Kreativ-
Award-Wettbewerb von Fleisch-
Marketing. www.keller-promotion.de
12/2021 Fleisch-Marketing 27