hinterfragen und Antworten im Markt suchen.
Wenn wir mit unseren Premium-Markenfleischkonzepten
Antworten liefern, bleiben
wir von den Diskussionen unberührt
oder profitieren sogar davon.
FLEISCH-MARKETING: Welche Maßnahmen
sollte man jetzt für die Theke ergreifen?
RAUCH: Vor Corona hat an der Theke bereits
eine Spezialisierung eingesetzt. Für einen
normalen Kochschinken stellen sich die Verbraucher
nicht mehr an der Theke an. Der
Kauf von Standardartikeln kann sehr gut
über SB abgewickelt werden. Aber der Kunde
kommt – auch in Krisenzeiten – an die Theke,
wenn er besondere Produkte haben möchte,
die erklärungswürdig sind. An der Theke
werden Bedürfnisse für besondere Momente
gedeckt. Hier kauft man nicht ein, um „satt“
zu werden, sondern weil man etwas Besonderes
haben möchte.
Deshalb müssen hier Spezialitäten angeboten
werden, und diese Entwicklung muss
weiter vorangetrieben werden. Die Sortimente
sollten so gestaltet werden, dass die
Differenzierung gegenüber allen, die keine
Theke haben, noch deutlicher wird. Denn die
Theke ist der einzige Ort, an dem man sich
vom Discount absetzen kann und auch preislich
nicht so sehr vergleichbar ist.
FLEISCH-MARKETING: Eine wichtige
Marketingmaßnahme sind Verkostungen,
aber die finden zurzeit nicht statt.
RAUCH: Ja das stimmt, im Moment gibt es
leider keine Verkostungen. Wir sind bereit,
kurzfristig zu starten und sind im ständigen
Dialog mit Kunden und Behörden, wann
Verkostungen unter welchen Bedingungen
wieder stattfinden können. Aber es ist klar,
dass das bis auf weiteres nicht im gleichen
Ausmaß wie bisher stattfinden kann. Aber
auch ohne Verkostungen kann die Fachkraft
hinter der Theke aufgrund ihrer Erfahrungen
sinnvolle Empfehlungen geben. Und das
kann eine Verpackung nicht.
FLEISCH-MARKETING: Gibt es aktuell
spezielle Aktionen von R&S?
RAUCH: Wir versuchen zu inspirieren, aber
die Vermarktungsideen, beispielsweise
Handzettelmottos, kommen vom Kunden.
Wir nehmen diese auf und unterstützen sie
mit Produkten und Marketingmaßnahmen.
Momentan finde ich spezielle Länderak-
tionen vielversprechend, die die Sehnsucht
nach Urlaub aufgreifen. Wir glauben, dass in
Zeiten, in denen es nicht so selbstverständlich
ist, überall hin zu reisen, Länderaktionen
besonders attraktiv sind – beispielsweise
Ist zuversichtlich,
dass die Theke
zumindest gesichert
aus der Pandemie
hervorgeht: Fritz
Rauch, Prokurist und
Mitinhaber von R&S.
nach dem Motto: „Holen Sie sich Frankreich
nach Hause!” Mit nach Ländern sortierten
Sonderaufbauten kann man dem Endverbraucher
Abwechslung bieten und ihm das
Gefühl vermitteln, in dem jeweiligen Land im
Urlaub zu sein.
FLEISCH-MARKETING: Welche lang-
fristigen Pandemie-Folgen sehen Sie?
RAUCH: Volkswirtschaftlich wird Corona
massive Folgen haben, die wir im Moment
noch gar nicht begreifen. Ich glaube, dass
dadurch der Discount wieder an Bedeutung
gewinnt und es wieder leichter haben wird,
Wachstum zu generieren, weil viele Verbraucher
auf den Preis achten müssen. Ich
kann mir auch vorstellen, dass sich der Discount,
der sich ja in den letzten Jahren von
seiner ursprünglichen Idee und der klaren
Message „gute Qualität zum extrem niedrigen
Preis“ entfernt hat, wieder in diese
Richtung bewegt. Andererseits können sich
diejenigen, die nicht immer in den Preiswettbewerb
einsteigen wollen, nur durch
die Theke differenzieren. Daher bin ich
zuversichtlich, dass die Theke – ich will
nicht gestärkt sagen – zumindest gesichert
aus der Pandemie hervorgeht.
FLEISCH-MARKETING: Wie sehen Sie die
Zukunft der Fleischbranche angesichts der
Corona-Fälle in den Fleischwerken?
Fotos: R&S Vertriebs GmbH
Trends & Märkte
RAUCH: Die Probleme, die aktuell diskutiert
werden, sind seit langem bekannt. Es missfällt
mir sehr, dass Politiker jetzt so tun, als ob
sie von den Produktions- und Wohnbedingungen
noch nie etwas gehört hätten, als ob
es ein neues Problem ist und meinen, jetzt
schnell reagieren zu müssen. Dass das ganze
Vertragswerk mit externen Mitarbeitern
jetzt geändert werden soll, halte ich für blödsinnig,
weil es nur branchenspezifisch geschieht.
Das Vertragswerk ist nicht der Grund
für die Probleme. Denn das Problem findet
sich beispielsweise auch bei Erntehelfern.
Man müsste eine umfassende Lösung finden,
um Probleme beim Ursprung zu lösen.
Ich würde mir als Auswirkung von Corona
wünschen, dass die Politik nicht pauschal
und populistisch reagiert, sondern den Konsens
mit den einzelnen Marktteilnehmern
sucht, um vernünftige Lösungen zu finden.
Und ich würde mir wünschen, dass der Endverbraucher
die Qualitäten weiter konsequent
hinterfragt und seine Kaufentscheidung
aber danach ausrichtet, was er bei-
spielsweise auch in Umfragen sagt: Viele
Konsumenten erklären ja, dass sie beispielsweise
für Tierwohl bereit sind, mehr zu zahlen,
aber in der Praxis sieht das anders aus.
So hat eine aktuelle Studie ergeben, dass 80
Prozent der Verbraucher auf den Preis reagieren.
8/2020 Fleisch-Marketing 15