Trends & Märkte
„Es hat sich wieder
eingependelt“
Die R&S-Gruppe ist mit einem
Sortiment von mehr als 800 verschiedenen
Wurst- und Schinken-
Spezialitäten sowie Markenfleisch
Produkten aus ganz
Europa ein bedeutendes Vertriebsunternehmen
für die deutschen
Bedienungstheken. Fleisch-
Marketing sprach mit Ingmar
Fritz Rauch, Prokurist und Mitinhaber
von R&S, über die Chancen
und die Bedeutung der Bedienungstheken
in Corona-Zeiten.
FLEISCH-MARKETING: Welche Auswirkungen
hatte die erste Phase der Corona-Krise
auf die Bedienungstheken deutscher Märkte?
RAUCH: Am Anfang herrschte natürlich
eine große Unsicherheit sowohl bei unseren
Kunden als auch bei uns. Keiner konnte sich
ausmalen, wie Corona sich auswirken wird.
Wir haben jedoch gemerkt, dass die Endverbraucher
sich kurzfristig bevorratet haben,
was sich in steigenden Umsätzen niederschlug
– auch an der Theke. Diese außerordentlich
gute Konsumlaune hat aber leider
nicht angehalten.
Nach zwei Wochen wurden die Endverbraucher
vorsichtiger. Da Corona eine Tröpfcheninfektion
ist, hat sich der eine oder andere
offensichtlich mit abgepackter Ware
sicherer gefühlt. Weil das aber noch vor Ostern
war und viele Verbraucher für die Feiertage
Thekenspezialitäten kaufen, flachte
der Umsatz nur etwas ab.
FLEISCH-MARKETING:Wie ging es
nach den Feiertagen weiter?
Auch Inspiration für die Theke liefert R&S – beispielsweise mit dem Blumenkonzept. Dabei werden
Wurst und Schinken nicht geschnitten und gestapelt, sondern auf Tellern zu Blumen zusammengelegt.
Das Blumenkonzept ist mehr als Dekoration, denn auch Reststücke und Anschnitte, die sich sonst nicht
mehr verkaufen lassen, können genutzt werden.
RAUCH: Nach Ostern hat sich das Geschäft
dann stärker in Richtung Selbstbedienung
und abgepackte Ware verlagert. Seit Anfang
Juni merken wir jedoch, dass – wie auch insgesamt
– eine gewisse Entspannung eingetreten
ist und die Theke wieder mehr Vertrauen
und Zulauf bekommt. Dazu hat beigetragen,
dass die Theken sehr schnell auf die Sicherheitsbedenken
einiger Endverbraucher reagiert
und vertrauensbildende Schutzmaßnahmen
installiert haben. Die Schutzvor-
kehrungen sind nicht nur sehr gut, sondern
teilweise auch elegant in das Ladendesign integriert.
Meiner Meinung nach haben viele
Märkte hier hervorragende Arbeit geleistet.
Wir gehen deshalb davon aus, dass der Endverbraucher
wieder verstärkt den Weg an die
Theke sucht. Denn sie bietet ein Einkaufserlebnis,
das man mit SB nicht generieren kann.
FLEISCH-MARKETING: Was berichteten
Ihre Kunden?
RAUCH: Für sie war alles ganz neu. Teilweise
lagen die Dispositionen daneben – in beiden
Richtungen, also sowohl zu viel als auch zu
wenig. Aktionen wurden vereinzelt storniert,
und dann hat man sie doch stattfinden lassen.
Es herrschte gelegentlich ein Durcheinander.
Aber mittlerweile hat es sich wieder
eingependelt. Auch nach Gesprächen mit unseren
Kunden würde ich schätzen, dass wir
wieder bei 90 bis 95 Prozent der Umsätze
von früher sind. Wir sind also noch nicht auf
dem Vor-Corona-Niveau, aber es entwickelt
sich in die richtige Richtung.
FLEISCH-MARKETING: Worauf führen
sie das zurück?
RAUCH: Was der Theke vor allem den Rücken
stärkt, ist das Frischfleischangebot. Das
Geschäft mit Frischfleisch ist nach wie vor
stark und läuft bei uns sehr gut. Wir haben
Marken, die es nur an der Theke gibt. In diesem
Bereich haben wir auch keine Einbrüche
gemerkt, es lief kontinuierlich weiter. Und
auch die Tönnies-Debatte hat auf uns keinen
Einfluss gehabt. Im Gegenteil: Ich glaube,
dass die Kunden das Fleischgeschäft mehr
14 8/2020 Fleisch-Marketing