FLEISCHLOSE ALTERNATIVEN • TOP-THEMA
Fleisch als Luxusprodukt
Das britische Unternehmen Moving Mountains mit Simeon
Van der Molen an der Spitze – seit Frühjahr 2019 am Markt
vertreten – hat schnell Fuß gefasst. Fleisch-Marketing sprach
mit dem Firmengründer, der früher Fleisch aß und sich heute
vegan ernährt, über seine Motivation und sein Konzept.
FLEISCH-MARKETING: Wie schätzen Sie die derzeitige Situation ein?
VAN DER MOLEN: Ich glaube, dass das Marktpotenzial für pflanzenbasierte
Produkte riesig ist und die Nachfrage noch weiter steigen wird.
Besonders weil mehr und mehr Fleischesser im Zusammenhang aktueller
Diskussionen darüber nachdenken, aus diversen Gründen – gesundheitlich,
ethisch, ökologisch – ihren Fleischkonsum zu reduzieren,
ohne sich zu hundert Prozent vegetarisch oder vegan zu ernähren. Diese
Flexitarier sind der Wachstumsmotor für den Markt. Ich glaube
auch, dass der Markt groß genug ist für noch mehr Wettbewerber, die
pflanzliche Fleischalternativen entwickeln. Ich sehe hier keine Konkurrenz
im klassischen Sinne. Ich möchte sogar andere Unternehmen dazu
inspirieren, dass sie es Moving Mountains gleichtun. Denn um wirklich
etwas zu bewegen auf der Welt, ist es wichtig, dass noch mehr Unternehmen
pflanzenbasierte Fleischalternativen auf den Markt bringen.
FLEISCH-MARKETING: Wodurch zeichnen Sie sich Ihre Produkte aus?
VAN DER MOLEN: Unsere Produkte stehen ihren tierischen Vorbildern
in Aussehen, Geruch, Textur und vor allem Geschmack in nichts nach.
Das ist das Ergebnis von mehr als zwei Jahren Forschung und Produktentwicklung
mit einem Expertenteam. Außerdem sind sie deutlich
weniger verarbeitet als die unserer Mitbewerber. Das macht sie automatisch
auch nahrhafter und nährstoffreicher. Wir verwenden ausschließlich
Zutaten höchster Qualität. Wir nutzen zum Beispiel rohe
Austernpilze, die für die Saftigkeit und die fleischähnliche, faserige Textur
und das Aussehen sorgen und von Natur aus viele wertvolle Nährstoffe
enthalten. Das Soja, das wir verwenden, ist zu hundert Prozent
frei von Gentechnik und wird in Europa angebaut. Außerdem verwenden
wir ausschließlich natürliche Aromen und Konservierungsstoffe.
Auch fügen wir keinen Zucker zu unseren Produkten hinzu.
FLEISCH-MARKETING: Sie haben jetzt mit dem No-Pork-Burger in relativ
kurzer Zeit das vierte Produkt herausgebracht. Wie geht es weiter?
VAN DER MOLEN: Die Produktentwicklung bei Moving Mountains ist
ein stetiger Prozess. Dabei orientiere ich mich immer an meinem eigenen
Geschmack und an den Produkten, die ich vermisst habe, als ich
aufgehört habe Fleisch zu essen. Aktuell gibt es erste Gedanken und
Ideen zu weiteren Alternativen – beispielsweise Geflügel und Fisch auf
Pflanzenbasis. Unser langfristiges Ziel ist es, unser Produktportfolio so
divers wie möglich zu erweitern. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt
allerdings noch keine konkreten Details oder Daten nennen, wann die
neuen Produkte marktreif und in Deutschland erhältlich sein werden.
FLEISCH-MARKETING: Sie haben sich zunächst auf den Food-Service-
Bereich konzentriert. Soll bald eine Öffnung für den LEH erfolgen?
VAN DER MOLEN: Natürlich sind wir grundsätzlich auch offen für Kooperationen
mit dem Lebensmittel-Einzelhandel. In Großbritannien
haben wir beispielsweise gerade drei unserer Produkte bei Sainsbury’s
Simeon Van der Molen glaubt, dass
Flexitarier der Wachstumsmotor
für den Markt der pflanzenbasierten
Produkte sind.
eingeführt. In Deutschland liegt unser Fokus fürs Erste jedoch auch
weiterhin auf dem Foodservice. Das hat mehrere Gründe. Zum einen
wollten wir uns nicht der Preispolitik deutscher Supermärkte beugen.
Ich habe zu Beginn die Entscheidung getroffen, Moving Mountains als
Premium-Marke zu positionieren. Unsere Produkte sind deutlich weniger
verarbeitet als die von Mitbewerbern, und es werden nur Zutaten
von höchster Qualität verarbeitet, was den Einkauf und die Produktion
vergleichsweise teuer macht. Um sich an das Preislevel im LEH anzupassen,
müssten wir niederwertigere Zutaten verwenden, was für uns
aber vollkommen ausgeschlossen ist. Zum anderen sehe ich unsere
Stärke im Foodservice-Bereich. Er bietet uns immense Chancen. Durch
die Zusammenarbeit mit Foodservice-Firmen wie Chefs Culinar, Metro
oder Transgourmet konnten wir ein sehr großes Potenzial erschließen.
Mein Ziel ist es nun, Moving Mountains in immer mehr Restaurants und
Restaurantketten in ganz Deutschland verfügbar zu machen.
FLEISCH-MARKETING: Was sagen Sie Flexitariern, die zwar
weniger Fleisch essen wollen, aber nicht zu Alternativen, sondern
zu anderen Gerichten wie Salat greifen?
VAN DER MOLEN: Mein oberstes Ziel mit Moving Mountains ist es, einen
echten, nachweisbaren positiven Unterschied auf unserem Planeten
zu machen. Dafür möchte ich es Fleischessern leichter machen, hin
und wieder auf Fleisch zu verzichten, indem ich ihnen gute Alternativen
auf pflanzlicher Basis anbiete. Fleisch ist einer der größten Klimasünder
und je mehr Menschen weniger oder gar kein Fleisch mehr essen,
desto besser für den Planeten. Ich sage nicht, dass man komplett
auf Fleisch verzichten muss. Ich möchte lediglich, dass wir Fleisch nicht
als Alltagsprodukt, sondern als Luxus betrachten. Wir können diesen
Luxus nach wie vor genießen – nur eben nicht mehr im selben Ausmaß
wie vorher. Wenn das bedeutet, dass Menschen vermehrt zu Salat und
Gemüse greifen, zahlt das ja auch auf dieses Ziel ein. Wenn sie kein
Fleisch essen und auch nicht das Bedürfnis nach einer entsprechenden
pflanzlichen Alternative haben, ist das für mich völlig in Ordnung. Denn
Menschen, die kein Fleisch essen, eine weitere Alternative anzubieten,
würden für den Planeten keinen Unterschied machen. Mein erstes Ziel
mit Moving Mountains ist es nicht, möglichst viel Gewinn zu machen,
sondern klimaschädliche CO2-Emissionen zu reduzieren und einen Beitrag
zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten.
4/2020 Fleisch-Marketing 15