Unternehmen & Konzepte
Liter Milch von Kuh, Ziege und Schaf zu
Joghurt und Käse verarbeitet, Pionierarbeit.
„Wenn man sich mit Bio intensiv beschäftigt,
muss man eine ganzheitliche
Betrachtung an den Tag legen. Das fängt
beim Boden an, geht über den Landwirt,
die Milch, die Herstellung und Vermarktung
der Milchprodukte und darf beim
Blick auf die männlichen Ziegen, Lämmer
und Kälber nicht aufhören. Ein Bio-Sortiment
ist nicht nur Image, sondern muss
auf allen Ebenen auch gelebt werden. Bio
heißt auch Verantwortung zu übernehmen“,
erklärt Geschäftsführer Friedrich
Mitterhumer. „Wir müssen das Ganze sehen
und die Probleme dringend ansprechen
– nicht nur bei unseren Landwirten,
sondern gesamtheitlich. Wer sich jetzt
nicht darum kümmert, wird bald keine
Antworten auf die Fragen des Verbrauchers
haben“, ergänzt er.
Daher ist Friedrich Mitterhumer froh,
dass es gelungen ist, gemeinsam mit seinen
Milchlieferanten ein Konzept umzusetzen,
dass einen respektvollen Umgang mit Kühen,
Schafen und Ziegen festlegt. Darin sind
neben Fütterungs- und Haltungsbedingungen
auch Aufzuchtbedingungen enthalten:
So muss unmittelbar nach der Geburt
ein direkter Kontakt zwischen Kuh und
Kalb gewährleistet sein. Die Kälber werden
mindestens drei Wochen am Betrieb
aufgezogen und erst dann zur weiteren
Verwendung für die Mast verkauft be-
ziehungsweise einer ordnungsgemäßen
Schlachtung zugeführt.
Die Klosterkäserei Schlierbach aus Österreich verarbeitet rund 13,2 Millionen Liter Milch von Kuh,
Ziege und Schaf zu Joghurt und Käse.
Alle männlichen Lämmer sowie alle Tiere,
die nicht für die Milchproduktion oder Zucht
Verwendung finden, müssen nachweislich
einer ordnungsgemäßen Schlachtung zugeführt
werden. Die Haltedauer für masttaugliche
Lämmer am Betrieb beträgt mindestens
sechs Wochen oder ein Lebendgewicht von
mindestens 20 Kilogramm.
Alle Kitze sowie alle Tiere, die nicht
für die Milchproduktion oder Zucht Verwendung
finden, müssen nachweislich einer
ordnungsgemäßen Schlachtung zugeführt
werden. Auch hier gilt eine Min-
desthaltedauer für masttaugliche Kitze
am Betrieb von mindestens sechs Wochen
oder ein Lebendgewicht von mindestens
14 Kilogramm.
Obwohl die Zahl der Kitzen, der männlichen
Ziegen, überschaubar ist, ist die
passende Vermarktung eine Herausfor-
derung, „denn auch die rund 9000 Kilogramm
Fleisch müssen ihren Weg finden“,
erläutert Mitterhumer. „Aus jeder Fleischspezialität
kann man etwas Leckeres machen.
Wenn das bei Lamm funktioniert,
warum nicht auch mit der Ziege? Aber es
ist auch ein relativ teures Stück Fleisch“,
stellt der Geschäftsführer Mitterhumer
klar.
Nachdem die Landwirte vom Kitzprogramm
überzeugt waren, lag die Herausforderung
darin, passende Partner zu
gewinnen. Mit der Firma Huber aus St. Johann
wurde ein Schlachter und Zerleger
gefunden. „Man braucht dafür Leute, die
Erfahrung und Übung haben, Kitze zu verarbeiten“,
erklärt Mitterhumer. Mit einem
Fachmetzger, der die Wurstwaren aus dem
Ziegenfleisch herstellt, war recht schnell
das nächste notwendige Puzzlestück gefunden.
„Da die Kitzzeit einmal im Jahr ist,
kann man den Zeitraum der Verarbeitung
und Vermarktung gut planen. Daher kann
das Fleisch und die Wurst auch als Aktions
oder Impulsgeschäft im Handel
platziert werden“, erklärt Mitterhumer. So
werden in diesem Jahr eine Kitz-Käsekrainer
– eine Brühwurst mit Schlierbacher-
Schafsfrischkäse gefüllt – und eine Kitz-
Jausenwurst ebenso im Handel erhältlich
sein wie Kitzbraten und -keule.
Im Sinne des Tierwohls hat man sich bei der Klosterkäserei Schlierbach übergreifende Gedanken
gemacht und bietet seinen Partnern nun Lösungen im Umgang mit den Tieren an, die nicht für die
Milchproduktion benötigt werden.
6/2019 Fleisch-Marketing 39