Trends & Märkte
Gravierende
Veränderungen
Das Ernährungsverhalten
hat sich in den vergangenen
zehn Jahren gravierend ver-
ändert. Dabei isst Deutsch-
land immer geteilter, wie eine
Studie zeigt, die Nestlé mit
dem Institut für Demoskopie
Allensbach erstellt hat.
„
Die Ernährungskultur wird immer heterogener.
Ernährung wird immer
mehr an die individuellen Bedürfnisse
und Lebenssituationen angepasst“, sagte Professor
Renate Köcher, Geschäftsführerin des
Instituts für Demoskopie Allensbach bei der
Vorstellung der Studie „So is(s)t Deutschland
2019“. Als Ursachen nannte sie den Zeitmangel
durch die steigende Erwerbsquote, die
Entstrukturierung und die zunehmende Individualisierung
der Gesellschaft. Hinzu käme
eine bemerkenswerte Auseinanderentwicklung
des Ernährungsverhaltens der verschiedenen
sozialen Schichten, erklärte Köcher.
Die Studie, für die 1636 Bundesbürger
zwischen 14 und 84 Jahren befragt wurde,
zeigt, dass eine warme Mahlzeit am Tag für
immer weniger Menschen die Regel ist. Denn
dies gilt nur noch für 45 Prozent der Befragten,
während es vor zehn Jahren, als die erste
Nestlé Studie durchgeführt wurde, noch 55
Prozent waren. 2009 aßen noch 47 Prozent
ihre Hauptmahlzeit mittags, heute sind es
nur noch 39 Prozent. Und das Mittagessen
wird immer häufiger außer Haus eingenommen.
Vor zehn Jahren aßen noch 54 Prozent
mittags zuhause, aktuell sind es noch 42 Prozent.
Gleiches gilt für das tägliche Kochen:
Nur noch knapp die Hälfte der Bevölkerung
kocht heute jeden Tag. Auch die Zeit, die sich
für das Essen genommen wird, ist morgens,
mittags und abends um fünf Prozentpunkte
zurückgegangen.
Foto: Nestle
Gemeinsame Mahlzeiten in der Familie haben für zwei Drittel der Bevölkerung zwar noch eine hohe
Bedeutung, aber sie finden deutlich seltener statt als vor zehn Jahren.
Gemeinsame Mahlzeiten in der Familie haben
für 77 Prozent der Bevölkerung eine
hohe Bedeutung – insbesondere für Familien
mit Kindern (95 Prozent). Trotzdem
kommt es zu immer weniger gemeinsamen
Mahlzeiten unter der Woche: In den letzten
zehn Jahren ist die Zahl des gemeinsamen
Frühstücks oder Abendessens um 5 Prozent
zurückgegangen, bei den Mittagsmahlzeiten
sogar um 9 Prozent. Zwei von drei Frauen
mit Kindern versuchen speziell unter der
Woche möglichst wenig Zeit für das Kochen
aufzuwenden, 18 Prozent mehr als 2009.
Stattdessen wird zunehmend im Restaurant
gegessen, weil es weniger Aufwand bedeutet
und man sich um nichts kümmern muss. Das
sagen 50 Prozent der Befragten, jedoch 59
Prozent der Frauen. Jeder Zweite begründet
seinen Restaurantbesuch indes damit, dass
es eine gute Möglichkeit sei, sich mit anderen
zu treffen. 42 Prozent sagen, sie gehen
auswärts essen, um sich gut und entspannt
zu unterhalten.
Wie vor zehn Jahren spielt für zwei von
drei Befragten eine gute Ernährung eine
große oder sehr große Rolle – allerdings bei
wachsender Polarisierung. So ist der Wert
in hohen sozialen Schichten von 75 auf 81
Prozent gestiegen, in schwächeren aber von
53 auf 49 Prozent gesunken. Der Abstand
hat sich damit um 10 Prozentpunkte vergrößert
und liegt nun bei 32 Prozent. Und
die Schere ist nahezu bei allen abgefragten
Einstellungen zur Ernährung weiter auseinander
gegangen: Ob Regionalität, Saisonalität,
der Verzicht auf künstliche Zusatzstoffe,
artgerechte Tierhaltung, Bio- und Ökoprodukte,
umweltfreundliche Verpackungen
oder fairer Handel.
Die Bedürfnisse der Konsumenten sind
zuweilen anders, als man sie vermutet:
Zwar wird viel über Klimaschutz gesprochen,
aber nur 5 Prozent der Menschen in
Deutschland würden Insekten als Fleischersatz
tatsächlich akzeptieren. Auch die Bereitschaft,
Lebensmittel über das Internet
zu bestellen, ist nur für sehr wenige attraktiv.
Dagegen würden sich 43 Prozent der
Menschen in Deutschland intelligente Verpackungen
wünschen, die über den Zustand
und die Frische des Lebensmittels Auskunft
geben.
12 6/2019 F leisch-Marketing