SERVICE & BEDIENUNG
Geflügelvielfalt im Sortiment lohnt sich, denn sie belebt nicht nur das Geschäft, sondern unterstreicht auch ernährungsspezifische Kompetenz.
Geflügel im Höhenflug
Geflügel liegt im Trend – nicht nur aktuell, sondern bereits seit zwanzig Jahren.
Und dieser Markt wird weiter wachsen, ist sich Fleischsommelier Michael Keller sicher.
Laut Agrarmarkt Informationsgesellschaft hat der Pro-Kopf-Verzehr
im vergangenen Jahr um 0,7 Kilogramm auf 13,2 Kilogramm
zugelegt, was einem Plus von 5,6 Prozent entspricht. Die
Geflügelschlachtungen in Deutschland haben sich entsprechend entwickelt.
Mit 1,59 Millionen. Tonnen Schlachtgewicht hat die Produktion
2018 ein Rekordergebnis erzielt. In den vergangenen zwanzig
Jahren hat sich das Schlachtvolumen mehr als verdoppelt, und mit 94,7
Prozent Anteil spielen Hähnchen und Pute weiterhin die Hauptrolle.
Die Prognose, dass der Geflügelmarkt im Fleischbereich weiter
wachsen wird, basiert auf dem guten Images dieser Fleischart bei den
Konsumenten. Es gilt „als gesundes Fleisch“, weil es in der Regel fettarm
und sehr eiweißreich ist. Ein weiterer Vorteil ist die vergleichsweise
unkomplizierte Zubereitung. Hinzu kommt das enorme Angebot
an convenienten, also schnell zuzubereitenden Teilstücken.
Relativ unbekannt ist, dass es – gesetzlich geregelte – fünf unterschiedliche
Qualitätskategorien für alle Geflügel-Fleischarten innerhalb
der Europäischen Union gibt. Dies wird in Zukunft ein wichtiges
Thema sein, denn mit der Tierwohl-Diskussion und mit der Einführung
der vier Haltungsformen, auf die sich der Handel unter Federführung
der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung
geeinigt hat, ist Bewegung in den Produktionsprozess
von Geflügel gekommen.
Für den Händler ist es wichtig sich mit dem Thema zu beschäftigen,
denn die Kundenfragen werden kommen. Das „Story Telling“ kann
man bei Geflügel hervorragend nutzen, indem man die Qualitätskategorien
oder ein Siegel wie das staatlich neutral kontrollierte „Label
Rouge“ in die Kommunikation einbezieht. Das Siegel aus Frankreich,
das es bereits seit 1965 gibt, garantiert eine regionale Herkunft und
mindestens die Qualität „Bäuerliche Freilandhaltung“.
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, warum die Qualitätskatego-
rien im Markt nicht bekannt sind. Die Antwort ist einfach: In Deutschland
wird zu gut 95 Prozent die unterste Qualitätskategorie – Mast/
Standard – produziert. Warum sollte man angesichts dieser Ausgangslage
über Qualitätskategorien reden?
Am Beispiel der Hähnchen lässt sich skizieren, was die unterste
Qualitätskategorie bedeutet. Es gibt keine Rassen mehr, sondern Hybriden,
die Einkreuzung der Rassen Ross und Cobb. Das Zuchtziel ist,
in möglichst kurzer Zeit eine hohe Gewichtszunahme mit bestmöglicher
Futterverwertung zu erzielen, damit das Tier nach 29 bis 32 Tagen
schlachtreif ist. Mast in Stallhaltung heißt: im Durchschnitt 39
Kilogramm Tiere pro Quadratmeter im Endmast-Besatz, Stallflächen
bis zu 2000 Quadratmeter und oft Dunkelställe mit künstlicher Lichtquelle,
so das im Hellen gefressen und im Dunkeln geschlafen wird.
Bei den Hähnchen hat man es geschafft, auf diese Art und mit ent-
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