Editorial Fleisch-Marketing
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Auf der K(l)ippe!
Wie viele Fleischwarenunternehmen arbeiten derzeit auf der Kippe? Das ist die Frage,
nachdem die Margen in der jüngsten Vergangenheit stark gesunken sind. „Wir werden
vom Handel unterdrückt“, sagten zahlreiche Teilnehmer auf der gemeinsamen Jahres-
tagung von VDF und BVDF in Berlin. Oder wie es offiziell in einer Pressemitteilung hieß:
„Bei einer stabilen Produktionsentwicklung berichten die Unternehmen der deutschen
Fleischwarenindustrie von empfindlichen Ertragseinbußen, weil sich die Preise für Ver-
arbeitungsteilstücke zur Herstellung von Wurstwaren seit Monaten auf einem hohen
Niveau halten und keine Änderung der Situation in Sicht ist.“ So hätten die Preise für
Schweinefleisch im ersten Quartal des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahres-
zeitraum um rund 20 Prozent zugelegt. Sauenfleisch, das in der Verarbeitung eine be-
sondere Rolle spielt, legte sogar um fast 40 Prozent zu. Diese schwierige wirtschaftliche
Situation könnte die strukturellen Verschiebungen der bislang mittelständisch geprägten
Branche weiter beschleunigen, so die Mitteilung.
Das ist ein Alarmsignal in der Fleischwarenindustrie – zumal der Lebensmittelhandel
überhaupt keine Bereitschaft zeigt, Preiserhöhungen zu akzeptieren. Offiziell heißt es:
Bislang sei es meist nur unzureichend gelungen, die höheren Kosten im rückläufigen
Markt durch die Preise weiterzugeben. Das bedeutet: Die Partnerschaft zwischen Industrie
Herausgeber/Chefredakteur Fleisch-MarketingIhr direkter
6/2017 F leisch-Marketing
und Handel befindet sich derzeit auf einem harten Prüfstand. Doch der Handel ist sich
seiner starken Position zu Lasten der Fleischwarenindustrie bewusst: „Wenn Du nicht
liefern willst, frage ich einfach bei meinem Kollegen von den eigenen Fleischwerken nach,
ob sie nicht die von der Markenindustrie gelieferten Chargen kurzfristig übernehmen
können!“ Und die Antwort ist einfach: Sie können.
Doch das ist natürlich keine Partnerschaft! Der Handel sollte Bereitschaft signalisieren,
die mittelständisch geprägte Struktur der deutschen Fleischwarenindustrie zu erhalten.
Denn er hat Interesse, die Innovationskraft der mittelstarken Unternehmen für seine
eigene, anspruchsvolle Sortimentspolitik zu nutzen.
Appell an alle Marktbeteiligten: Klaren Kopf bewahren und die Markenindustrie nicht
über die Klippe schubsen!
Michael Jakobi
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