EDITORIAL Fleisch-Marketing
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Entspannte Distanz
Vor einigen Wochen fragte der „Spiegel“ auf seiner Titelseite „Ist das noch
Deutsch“ und setzte sich im Innern auf mehreren Seiten mit der gendergerech-
ten Sprache und dem „Kulturkampf um die Sternchen“ auseinander. Wenn schon
Deutschlands führendes Nachrichtenmagazin seine Titelgeschichte dem Binnen-I,
dem Gender-Gap und dem Glottisschlag widmet, muss sich auch eine Fachzeit-
schrift für Fleisch, Wurst und Feinkost der Gretchenfrage stellen: „Nun sag, wie
hast du’s mit dem Gendern?“
Unabhängig davon, ob man die Meinung teilt, das generische Maskulinum sei Ausdruck
FLEISCH-MARKETINGIhr direkter
dass gesellschaftliche und ökonomische Benachteiligung von Frauen nicht über
Sprachregelungen zu beseitigen sind, gibt es gute Gründe, die Sprache nicht zu „verkorksen“.
können nicht leugnen, dass ihr Deutsch bürokratisiert, verquast und elitär klingt.
Der Wunsch, Textverständnis und Lesefluss möglichst wenig zu stören, ist auch
Basis einer anderen redaktionellen Entscheidung, die wir – zum Unmut etlicher
Unternehmen – schon vor einiger Zeit gefällt haben. Den Trend, Markennamen nur
in Versalien, mit eingebauten Satzzeichen oder mit Großbuchstaben innerhalb des
Wortes zu schreiben und dadurch auffällig zu machen, ignorieren wir möglichst –
selbst wenn die „richtige Schreibweise der Marke“ wiederholt angemahnt wird.
Und auch die hochgestellten R im Kreis und TM finden bei uns nicht statt. Denn
wir wollen Texte vermeiden, die wie Fleckenmuster aussehen.
Um noch einmal auf das Gendern zurückzukommen: Gestützt wird die redaktionelle
Ansicht, dem genderkonformen Neusprech mit entspannter Distanz zu begegnen,
von den meisten Bundesbürgern. Denn alle Umfragen zu diesem Thema kommen
zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit gegen diesen sprachlichen Wandel ist. Und
das ist in einer Demokratie sicherlich nicht das schlechteste Argument.
Norbert Gefäller
5/2021 F leisch-Marketing
einer patriarchalischen vom Sexismus geprägten Gesellschaft, oder glaubt,
Denn selbst die größten Anhänger der gendergerechten Kommunikation
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