GRILLEN • TOP-THEMA
Foto: Vion Foto: Grossmann Feinkost
Die Bratwurst ist zwar weiterhin der beliebteste Grillartikel, aber Spezialitäten – beispielsweise
Schweinefilet mit Frischkäse-Pfeffer-Füllung – gewinnen immer mehr Fans.
gern etwas gemütlicher angehen lassen.“ Daher
dürfe auch die Zubereitung am Grill etwas
länger dauern. „Nicht das schnelle Sattwerden
steht im Vordergrund, sondern das Grillen als
Freizeitbeschäftigung“, erläutert sie.
Obwohl Bratwurst – ob gebrüht oder frisch,
als Klassiker oder regionale Spezialität –und
Steaks in der Gunst der Grillfans immer noch
ganz oben stehen, ist Vielfalt immer stärker
gefragt. Ingmar Fritz Rauch, Mitinhaber der
Vertriebsgesellschaft R&S, weiß, dass „internationale
Spezialitäten und Grillartikel bei
deutschen Konsumenten aktuell sehr beliebt
sind“. Denn sie böten Abwechslung und be-
dienten die Probierfreude, sagt er. Auch die
Bio-Senfmanufaktur Münchner Kindl hat
festgestellt, dass ihre Kunden „experimentierfreudiger“
geworden sind.
Deutlich größere Variationsbreite
Die Marcher Fleischwerke haben dagegen
einen Trend zum Sous-Vide-Garen mit anschließendem
Grillen ausgemacht. Dabei
würden auch günstige Teilstücke – beispielsweise
Ripperln oder Bauchfleisch – raffiniert
gewürzt, sous-vide vorgegart und anschließend
gegrillt, erklärt das österrei-
chische Unternehmen, zu dem die Marken
„Landhof“ und „die Ohne“ gehören.
„Wir beobachten seit einigen Jahren – mit
stark zunehmender Tendenz in der letzten
Saison – eine Erweiterung des klassischen
Grillguts und der Beilagen“, berichtet Martin
Schmidlin, Head of Communication bei Feinkost
Dittmann. „Wurden früher nur Fleisch
und Würstchen gegrillt und Salate als Beilage
gereicht, wird die Variationsbreite deutlich
größer“, erörtert er. So ist auch bei den Barbecue
Angeboten der generelle Trend erkennbar,
Beilagen wie der mediterrane Nudelsalat runden
das Grillvergnügen ab
sich gegebenenfalls etwas fleischredu-
zierter zu ernähren. „Das Engagement des
deutschen Lebensmittelhandels in Bezug auf
Angebote für eine bewusste Ernährung auf
Basis alternativer Proteine wird in diesem
Jahr nochmals verstärkt“, ist sich Avo-Marketingleiter
Guido Boberg sicher. Daher seien
„insbesondere Hybridprodukte mit einem
Anteil an Fleisch, Gemüse und pflanzlichen
Fetten anstelle tierischer Fette, vielversprechende
Umsatztreiber in der kommenden
Grillsaison“, prognostiziert er.
Einen Schritt weiter gehen die Anbieter
von veganen und vegetarischen Barbecue
Artikeln. Die Produkte sind aber nicht
vorrangig für Veganer und Vegetarier gemacht,
sondern vor allem für Flexitarier, „die
Fleischalternativen aus ethischen, gesundheitlichen
Gründen oder der Umwelt zu Liebe
probieren und regelmäßig in ihre Er-
nährung integrieren wollen“, wie Anja Grune-
feld, General Managerin bei Like Meat,
erklärt. Und dass das vegane Grillen hierzulande
beliebter wird, zeigen die Zahlen.
„Alleine im Vergleich zum Vorjahr ist laut
IRI 2020 der Absatz- und Umsatz an Veggie
Grillprodukten während der Hauptgrillsaison
um 50 Prozent gestiegen. Besonders
beliebt in diesem Segment sind vegetarische
Bratwürste. Hier hat sich der Absatz verdoppelt
und lag zwischen Mai und August 2020
bei 1000 Tonnen“, teilt Heike Miéville-Müller,
Business Unit Managerin Garden Gourmet,
mit. Die wachsende Akzeptanz alternativer
Grillprodukte unterstreicht Dr. Ingo Stryck.
Nach Worten des Marketingleiters bei der
PHW-Gruppe hat der seit 2016 am Markt erhältliche
Bruzzzler veggie durch die erfolgrei-
che Grillsaison 2020 mit einem Wachstum
gewürzsalzen mit 14,9 Prozent zu beobach-
ten gewesen, heißt es bei Fuchs.
Die positive Entwicklung ist jedoch nicht
nur auf die speziellen Corona-Zeiten zurück-
zuführen, denn „Grillen ist zu einem Megatrend
geworden, der sich gerade bei der jüngeren
Generation zu einem echten Boom ent-
wickelt hat“, wie Nina Remagen, Geschäfts-
führerin des gleichnamigen Hürther Unter-
nehmens, konstatiert. „Gewünscht ist hochwertiges
Qualitätsfleisch, denn der Genuss
hat neben dem Eventfeeling beim Grillen
oberste Priorität“, erläutert sie. Für den Saucenspezialisten
Kühne ist „eine Professionalisierung
des Grillens zum BBQ-Lifestyle“ ein
wichtiger Ansatzpunkt. Die vorwiegend
männliche Zielgruppe investiere in hochwertige
Grills oder Smoker und profiliere sich
mit exklusivem Zubehör. Gleichzeitig zeige
sich dieser gehobene Qualitätsanspruch
auch in der Auswahl der Grill-Zutaten und
Saucen. Standard-Produkte reichten Verbrauchern
oft nicht mehr aus, sie suchten
stattdessen hochwertige Premiumprodukte,
heißt es zur Erläuterung.
Für Carina Wanner, nationale Marke-
tingleiterin bei Develey, ist die Professionalisierung
auch 2021 ein großes Thema. „Grillen
ist nicht bloß eine Art der Speisezubereitung,
sondern wird immer mehr zum Erlebnis.
Gerade die Sehnsucht nach Gemeinschaft,
Austausch und Abwechslung kann mit Grillfeiern
und -abenden gestillt werden. 2021
werden solche Momente in ein ganz neues
Licht rücken und als etwas ganz Besonderes
empfunden“, prophezeit sie.
Ulrike Rücker, Marketingleiterin der Plukon
Food Group in Deutschland, hat beobachtet,
dass „die Leute es am Grill zurzeit
4/2021 Fleisch-Marketing 19