Regionalität • Service & Bedienung
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Viele Hersteller oder Händler nutzen den
Trend zu regionalen Lebensmitteln und
werben mit Begriffen wie „Region“, „von
Hier“, „Heimat“ und „nah“, ohne die Begriffe
zu definieren oder zu erklären. Da diese
Begriffe nicht gesetzlich geschützt sind,
werden sie häufig irreführend verwendet.
Keine Aussage über Ursprung
Regionale Spezialitäten mit geschützter
geografischer Angabe (g. g. A.) wie Düsseldorfer
Senf weisen darauf hin, dass eine
Stufe der Produktion im genannten Gebiet
stattfinden muss. Die Herkunft der Rohstoffe
bleibt unklar. Wenn beispielsweise
als Identitätskennzeichen „D NW xxx“
steht, bedeutet dies lediglich, dass die
letzte Verarbeitungsstufe oder die Verpackung
in Nordrhein-Westfalen vorgenommen
wurde. Über den Ursprung der Zutaten
wird keine Aussage getroffen.
Regionalmarken von Herstellern sind
keine geeignete Orientierung für den Kunden.
So können Hersteller Herkunftsangaben
4/2018 F leisch-Marketing
als eigenständige Marke registrieren
und schützen lassen, ohne dass die regionale
Herkunft der Rohstoffe und Zutaten
oder die lokale Verarbeitung garantiert
sein müssen. Produkt- oder Verkehrsbezeichnungen
mit Orts- oder Regionsbezug
wie „Eifler Brot“ werden häufig verwendet,
ohne dass die Rohstoffe aus der genannten
Region stammen. Das EU-Kennzeichen
„geschützte Ursprungsbezeich-
nung“ (g. U.) gibt dagegen Auskunft über
die Herkunft. Die auf EU-Ebene eingetragenen
Produkte müssen im festgelegten
Gebiet nach bestimmten Kriterien erzeugt,
verarbeitet und hergestellt werden.
Ein Beispiel ist der „Parmaschinken“. Dieses
Zeichen ist allerdings nur bei sehr wenigen
Lebensmitteln zu finden.
Transparenz ist für den Verbraucher
nicht in Sicht. Denn die Anbieter von regionalen
Erzeugnissen können beispielsweise
selbst bestimmen, wie groß „ihre“ Region
ist, und sie können mit ihren eigenen Marken,
Zeichen oder Siegel, von denen es inzwischen
Hunderte gibt, für ihre regionalen
Produkte werben. Für Verbraucher ist
es daher ratsam, sich im Laden genau zu
erkundigen, woher das in der Werbung angepriesene
Produkt stammt.
Klimaschonender Einkauf
Viele Menschen wollen regionale Lebensmittel
auch kaufen, um Erzeuger vor Ort
und somit die regionale Wirtschaft zu stärken.
Die Lebensmittel gelangen auf kürzeren
Transportwegen zum Handel und stellen
so für die Kunden eine Möglichkeit dar,
klimaschonend einzukaufen. Auch deshalb
ist die „Thüringer“ in ihrer Heimat besonders
beliebt. Sie steht ebenso wie die luftgetrocknete
„Feldgieker“, Rot und Leberwurst
sowie Greußener Salami als regionale
Spezialität unter dem Schutz der
Europäischen Union und darf andernorts
nicht nachgemacht werden. Das hat den
Thüringer Bratwurstabsatz in den vergangenen
Jahren verdoppelt. „So viele von der
EU geschützte Wurstsorten wie Thüringen
hat meines Erachtens kein anderes Bundesland“,
sagt Uwe Keit, Geschäftsführer
des Herkunftsverbandes Thüringer und
Eichsfelder Wurst. Europaweit geschützt
und erfolgreich ist auch eine Bratwurstspezialität
aus dem benachbarten Franken
– die „Nürnberger“.
Aussichtsreiches Absatzpotential
Bio und überdies regional – das ist der
Wunschgedanke, den viele Verbraucher
an Lebensmittel stellen. Und seitdem
die Lebensmittelherkunft für Verbraucher
oft kaum noch nachvollziehbar ist,
verspricht beides ein hohes Maß an
Transparenz. Zudem verbinden Konsumenten
mit beiden Produkteigenschaften
einen besseren Geschmack sowie
Gesundheits- und Umweltschutzas-
pekte. Doch für was entscheiden sich
die Konsumenten, wenn bio und regional
zusammen nicht zu haben sind? Um
das herauszufinden, haben Agrarmarktexperten
der Universität Kassel unter
Federführung von Professor Ulrich
Hamm eine Konsumentenbefragung
mit einem Kaufexperiment kombiniert.
Gefördert wurde die Studie über das
Bundesprogramm Ökologischer Landbau
und andere Formen nachhaltiger
Landwirtschaft (BÖLN).
Im Kaufexperiment wurden den Verbrauchern
jeweils drei Produktvarianten
vorgelegt. Diese unterschieden
sich hinsichtlich des Preises, der Produktionsweise
und der Herkunft. Am
Beispiel von Äpfeln, Mehl, Butter und
Rindfleisch wurde auch untersucht,
ob sich die Befragten bei pflanzlichen
Produkten anders entscheiden als bei
Fleisch oder Milch.
Die Befragung zeigt: Konsumenten
schätzen es sehr, wenn Lebensmitteln
aus ihrer Region stammen. Insbesondere
beim Kauf von frischen Lebensmitteln
wie Obst, Gemüse und Fleisch
achten sie auf die regionale Herkunft.
Des Weiteren bestätigte sich in den
Kaufexperimenten die Verbraucherpräferenz
für regionale Produkte:
Wer die Wahl hat, greift bevorzugt zu
solchen Produkten, die aus der Nähe
seines Wohnortes stammen, oder zu
Öko-Lebensmitteln deutscher Herkunft.
Und er ist bereit, dafür mehr zu
zahlen. Dieses Ergebnis legt nahe,
dass es für regionale Erzeugnisse und
hierzulande produzierte Ökoware ein
viel versprechendes Absatzpotenzial
gibt. Der Lebensmittelhandel sei gut
beraten, so das Fazit der Studie, verstärkt
sein Sortiment um regionale
Produkte zu bereichern. Aus Sicht der
Forscher ist es für den Vermarktungserfolg
allerdings entscheidend,
dass die regionale Produktherkunft
eindeutig und gut für Verbraucher erkennbar
ist und die Kennzeichnung
unternehmensunabhängig erfolgt.
Der Schwarzwälder
Schinken ist eine
beliebte regionale
Spezialität.