TOP-THEMA • BIO
Dreijährige
Umstellungszeit
Einer der größten Biofleisch-
Produzenten Europas ist das
niederländische Unternehmen
„De Groene Weg“. Allard
Bakker, Geschäftsführer der
eigenständige Tochter von Vion,
erläutert im Gespräch mit
Fleisch-Marketing das Konzept
der nachfrageorientierten Lieferkette,
das auch in Deutschland
etabliert werden soll.
FLEISCH-MARKETING: „De Groene Weg“
feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen.
Wie begann der Erfolgsgeschichte?
BAKKER: Gegründet wurde das Unternehmen
von zwei Metzgern, und in den ersten
zwanzig Jahren entwickelte sich aus der
Idee eine Kette von Bio-Fleischereien.
Nach der Jahrtausendwende hat Vion den
Betrieb übernommen und zum Marktführer
von Biofleisch in den Niederlanden
gemacht. Heute sorgt die Fleischerei mit
ihren elf Filialen nur noch für drei Prozent
des Umsatzes. Trotzdem sind diese Fleischereien
wichtig, weil sie eine hervorragende
Visitenkarte sind und die Möglichkeit
bieten, direkt mit dem Verbraucher in
Kontakt zu treten und seine – sich wandelnden
– Vorlieben kennen zu lernen. Im
vergangenen Jahr haben wir in den landesweit
verteilten Filialen der Bio-Fleischereikette
einen Neukundenanteil von
15 Prozent registriert. Das ist für uns sehr
aussagekräftig, denn es zeigt das Wachstum
im Bio-Markt.
FLEISCH-MARKETING: Und wer ist jetzt
maßgeblich für den Umsatz verantwortlich?
BAKKER: Wir beliefern die Gastronomie
und den Lebensmitteleinzelhandel. Dort
werden die Produkte allerdings oft nicht
unter unserem Namen, sondern als Eigenmarke
angeboten. In Holland haben wir
einen Marktanteil von 75 Prozent.
FLEISCH-MARKETING: Was ist
das Geheimnis dieses Erfolges?
BAKKER: Er basiert auf vier Säulen: Unsere
enge Zusammenarbeit mit den besten
Biobauern Hollands folgt einer gemeinsamen
Zielsetzung – ein gutes Leben für das
Tier, ein fairer Preis für den Landwirt, die
Produktion von hervorragendem Fleisch,
in der bestmöglichen Qualität für den
Kunden. Darüber hinaus versuchen wir
auf allen Gebieten so nachhaltig wie möglich
zu produzieren. So ist beispielsweise
unsere neue Verpackung sehr umweltfreundlich.
Auf Kartonbasis enthält sie 80
Prozent weniger Plastik als eine herkömmliche
Fleischschale und ist vollständig
recycelbar.
FLEISCH-MARKETING: Ein wesentliches
Element Ihres Konzeptes ist die nachfrageo-
rientierte Lieferkette. Was zeichnet sie aus?
Will eine Bio-Schweinekette
mit deutschen Landwirten
aufbauen: Allard Bakker.
BAKKER: Die Herausforderung beim sukzessiven
Aufbau der nachfrageorientierten
Lieferkette, in der heute etwa 110 Landwirte
durchschnittlich 2300 Bio-Schweine pro
Woche an De Groene Weg liefern, besteht
darin, dass die Umstellung auf eine Bio-
Produktion etwa drei Jahre dauert. Das
heißt: Der Landwirt, der sich heute entscheidet,
auf Bio umzustellen, bringt erst
nach etwa drei Jahren die ersten Bio-
Schweine zum Schlachthof. Wenn also – wie
derzeit – Angebot und Nachfrage in keinem
ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen,
kann man nicht so schnell reagieren.
Wir versuchen daher, immer fünf Jahre vorauszusehen
und schließen mit unseren
Partnern unbefristete Verträge. Das große
Plus ist dabei die Verlässlichkeit: Der Landwirt
geht eine Lieferverpflichtung ein, und
wir garantieren langfristig die Abnahme
der Tiere. Das ist für den Landwirt ein großer
Vorteil im Vergleich zur konventionellen
Mast mit ihren erheblichen Schwankungen.
FLEISCH-MARKETING: Bleibt auch der
Preis über Jahre hinweg konstant?
20 3/2021 F leisch-Marketing