Hamburg, Papenreye 4, Stadtteilgrenze
Groß Borstel/Niendorf: „Wir haben noch
selbst die letzten Kabinen rausgetra-gen“,
lacht Stefan Günther und spielt auf den
Ex-Standort des Beate Uhse-Shops an, an dem
die Erlebnismetzgerei am 26. April 2021 er-öffnete.
Locker-flockig, unterhaltsam und kei-neswegs
verstockt geht es nicht nur an den
Wochenenden hier zu: „Wir brauchen noch
20 frische Regensburger Bratwürste. Und:
Sind die Salsiccia bald endlich fertig?“, ruft
Christian Döhler (Junior, 31) seinem gleich-berechtigten
Geschäftspartner hinter der
Glasscheibe – aber offener Türe – zu. Stefan
Günther (Senior): „Na klar, die Füllmaschine
ist gerade richtig auf Temperatur“. So ähnlich
läuft das hier immer ab. Die Kunden lieben es
– von wegen reservierte Hanseaten.
Im Sommer 2020 war Baubeginn. „Alles wurde
komplett entkernt und neu gestaltet – einiges
in Eigenleistung“, betont der Junior, der den
Betrieb fix in fünf Jahren übernehmen wird.
Christian Döhler lernte den Fleischerei-Fach-verkauf
beim Senior (Fleischerei Günther, die
es bis zum Neustart 2021 in Groß Borstel gab),
war Filialleiter und Revisor in Führungsposi-
tion und machte ab 2019 in zwei Jahren sei-nen
Meister an der Hamburger Fleischer-
schule. „Er toleriert die alte Handwerkskunst
und verbindet sie mit der Moderne und dem
Zeitgeist“, lobt der „Senior“, der sich selbst
jahrelang auch auf Bundesebene für den Nach-wuchs
engagierte. „Es ist doch der Traum eines
Metzgers, wenn er seinen Beruf in Gänze dar-stellen
kann. Immer mehr Kunden wollen exakt
wissen, woher das Fleisch kommt. Das können
wir. So haben wir die Chance genutzt, das zu
tun“, beschreibt er seine Beweggründe. Der
Ladenbauer Aichinger war seit März 2020 mit
im Boot; die ersten Entwürfe von Klaus Würl
gefielen und wurden umgesetzt – auch die
dunkelgrüne Wandfarbe. „Der Laden ist eine
tolle Bühne für unser Handwerk. Das macht
richtig Laune, hier zu arbeiten – und das spü-ren
unsere Kunden“, freut sich Stefan Günther.
AUSGEFALLEN UND REGIONAL
Eines war den beiden wichtig: die „alte Tradi-tion“
des Metzgerhandwerks transparent zu
zeigen. Würste füllen, Fleisch zuschneiden,
Brät kuttern etc. Betritt ein Kunde den Laden
mit der großen Fensterfront, blickt er über
die Theke geradeweg in die vor ihm liegende
Wurstküche. Etwa 300 bis 400 kg Wurst stel-len
Stefan Günther und sein Mitarbeiter
Kim Beck pro Woche hier her. Auch abends
ist das beleuchtete Geschäft ein echter Eye-catcher
– ebenso die kaminartigen Hauben
mit Ornamentsstanzungen über der Theke
und dem Sitzbereich. Eingebaut wurde der
Laden Anfang März bis Mitte April 2021: 6 m
bis zur Decke, 800 m² Gesamtfläche, davon
200 m² Laden, 200 m² Wurstküche und Küche,
8,50 m laufende Theke, Arbeitsplatte Nero-Im-pala-
Granit, 1,50 m Heiße Theke, 35 Sitzplätze
innen, rund 50 weitere draußen. Die Investi-tionsbasis
waren die guten Jahre 2018/2019.
Im Corona-Jahr 2020 gab es über-raschend
weiteren Rückenwind. Für
Extrawünsche, etwa den Reife-/Kühl-schrank,
wurde aber auch privat in-vestiert.
Der Schrank steht mittig hin-ter
der Theke und ist junior-/senior-
mäßig gleichwertig unterteilt: klas-sisch
umluftgekühlte Spezialitäten
des Älteren sowie Dry-aged-Beef des
Jüngeren. Ganze Tiere zu verwerten,
ist Philosophie – für die Wurst und die
Mittagsgerichte. Auch Innereien gibt es.
200 bis 250 Essen sind es am Tag.
Gewachsene Partnerschaften zu Landwirten
aus Hamburgs Umgebung sowie Schleswig-
Holstein sichern die Rohstoffzufuhr: Black
Angus-Rinder stehen 5 km entfernt auf einem
Hof, Färsen und Ochsen (z. B. Limousin oder
Charolais) schlachtet die Firma Fricke auf
Wunsch der beiden. Zudem gibt es eine eigene
Galloway-Zucht in Glücksburg. „Das Fleisch der
auf Stroh gehaltenen und ohne Leistungsför-derer
und Antibiotika-Prophylaxe aufwachsen-den
Haselauer Landschweine von der Familie
Jagemann aus der Haseldorfer Marsch im
Kreis Pinneberg ist natürlich etwas Beson-deres“,
sagt der Junior. Es gibt aber auch mal
Aktionen mit Iberico-Fleisch, dazu Klassisches
wie Prager Schinken, hausgemachte Frikadel-len
oder Rote Grütze als Dessert. Demnächst
startet ein Test mit Hackfleischprodukten vom
Galloway – auch paniert.
WIE GEHT’S WEITER?
Hier das Verkaufstalent mit jahrelanger Erfah-rung,
dort der Handwerksmeister alter Schule,
wird es Christian Döhler und Stefan Günther
sicher gelingen, ihre Werte noch vielen Kun-den
zu vermitteln und sie glücklich und satt
zu machen. „Durch unser gewachsenes Verhält-nis
hatten und haben wir immer viele Ideen,
was uns eine Marketingagentur ersparte“, sagt
Stefan Günther. Zudem lobt er die Bereitschaft
seines Partners, in den vergangenen zwei
Jahren auf Urlaub und Freizeit zu verzichten:
„Das macht auch nicht jeder junge Mensch
mit.“ Und es gibt noch räumliches Potenzial:
einen Hinterhof, der bis 2022 ausgebaut wer-den
soll und vom Laden her zugänglich ist.
„Da kann er dann seinen Bratwurst-Grillabend
machen, während ich im Grill-Tasting zeige,
wie welcher Cut am besten gelingt“, frotzelt
der Jüngere. mth
www.best-butcher.de
KONZEPT
BEST BUTCHER – HAMBURG
Neu eröffnete Erlebnismetzgerei mit einer
für Kunden einsehbaren Wurstproduktion.
„Battle der Generationen“ der Partner
Stefan Günther & Christian Döhler. Etwa
zehn Mitarbeiter, 95 % Stammkunden aus
vorheriger Fleischerei übernommen.
PROFI-PARTNER
Aufschnittmaschinen: Bizerba
Füller: Handtmann
Gewürze: Hagesüd
Kombidämpfer: Rational
Kutter: K+G Wetter
Ladenbau: Aichinger
Spültechnik: Winterhalter
Take-away-Boxen: EcoBox
Wolf: Kolbe FoodTec
ERFOLGSFAKTOREN
Ehrlichkeit und Transparenz
Fachliches Know-how
„Gute Gespräche“: Kundenbindung durch
Praxistipps, aktiv & unterhaltsam beraten
Narrativ: Junior & Senior,
Battle der Generationen
Motiviertes, eingespieltes Mitarbeiterteam
HAMBURG
FLEISCHER MIT ERFOLG
4/2021 25
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