INTERVIEW
IDEALE KOMBINATION
Einmalig in Deutschland entschied sich Julia Böbel (22) für ein Duales Verbundstudium
Lebensmittelmanagement, das von einer Fleischerlehre ergänzt wird – ein Erfahrungsbericht.
Fotos: privat, Machold/HSWT/2021 Der Bachelor-Abschluss ist ihr Ziel und
nach der erfolgreichen Ausbildung
der Meistertitel. Nach dem Abitur 2017
sammelte Julia Böbel ab Juli ein Jahr lang im
Rahmen mehrerer Auslandaufenthalte unter-schiedliche
praktische Erfahrungen. Diese führ-ten
sie unter anderem zum Occidental Brew-ing
Wursthaus (USA), Bãtrânu Sas (Rumänien),
den Boucheries Leuba und Clerc (Schweiz)
sowie zu den irischen Butchers McCarthys
und Tormey. „In allen Betrieben und Familien
wurde ich sehr herzlich aufgenommen. Doch
die Sprache zu können, ist essenziell“, berich-tet
sie. 2018 begann sie dann ihre Fleischer-
lehre bei der Fleischerei Scheller in Hannover,
die sie 2022 abschließen wird. Ihr Studium an
der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf star-tete
2019 und endet 2023.
Warum und wann hast du dich für ein Duales
Verbundstudium entschieden?
Reine Theorie ist nichts für mich. Daher habe
ich mich für die Kombination entschieden.
Außerdem spart man sich ein Jahr, da Ausbil-dung
und Studium eng miteinander verzahnt
sind. Der Anstoß dafür kam von einer Stu-dieninformationsmesse.
Dort habe ich mich
am Stand der Hochschule Weihenstephan-
Triesdorf über das Studium informiert.
Was bedeutet das für dich? Welche Vorteile
siehst du in einer solchen Ausbildung?
Ein Jahr vor Studienbeginn habe ich die Metz-gerlehre
begonnen. Im Oktober des Folgejah-res
dann das Studium. Seitdem verbringe ich
nur noch die Semesterferien in meinem Aus-bildungsbetrieb,
sowie das fünfte Semester
(= Praxissemester). Zur optimalen Vorberei-tung
auf die Gesellenprüfung helfe ich an den
Wochenenden zu Hause. Die theoretischen
Inhalte der Vorlesungen ergänzen sich opti-mal
mit den praktischen Ausbildungsinhalten
im Betrieb. Im ersten Semester wird z. B auf
Anatomie, Tierhaltung und Fütterung einge-gangen.
Dieses Wissen ist auch für die Berufs-ausbildung
wichtig, da Haltung und Fütterung
Auswirkung auf die Fleischqualität haben. So
ist das Studium eine Vertiefung der Berufsschul-
inhalte und hilft, die Hintergründe einzelner
Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse in der
Lebensmittelproduktion besser nachzuvollzie-hen.
Wie beurteilst du deine Erfahrungen bezüglich
der Wissensvermittlung in Theorie und Praxis?
Die Praxis veranschaulicht die Prozessabläufe
aus dem Studium. Kutterverfahren zu erläu-tern
oder das Hürdenkonzept an Rohwurst
zu beschreiben, stelle ich mir ohne praktische
Tätigkeit ziemlich schwer vor.
Was waren für dich bisher die größten
Herausforderungen dabei – abgesehen von
corona-bedingtem Home-Studium?
Das Studium mit der Handwerksausbildung
(statt kaufmännisch) zu kombinieren. Vor mir
hat niemand im Metzgerhandwerk diese Kom-bination
gewählt. Daher mussten viele Formali-täten
bezüglich Handwerksordnung wie Schule
und Prüfung in Eigenregie geklärt werden.
Würdest du anderen diese Kombi aus Ausbil-dung
und Studium empfehlen?
Eindeutig ja. Die Kombination eignet sich, um
tiefer in die Materie einzusteigen. Ohne dieses
Duale Studium hätte ich mich nicht für eine
Ausbildung im Metzgerhandwerk entschieden.
Das niedrige Niveau hätte mich abgeschreckt.
Der Beruf ist dadurch eher unattraktiv für
Jugendliche mit „höheren“ Abschlüssen. Damit
tut sich das Handwerk selbst keinen Gefallen.
Wo sieht du deine Zukunft?
Im Anschluss werde ich meinen Metzgermeis-ter
machen. Danach folgen einige Jahre in Be-trieben
im In- und Ausland. Um dort Erfahrung
zu sammeln, andere Abläufe und Produkte
kennenzulernen, bevor es mich dann irgend-wann
in den elterlichen Betrieb führt. mth
Vielen Dank für das Gespräch!
Ob beim Zerlegen in der Metzgerei oder im
Labor – Julia Böbel schätzt alle Lerninhalte.
Weitere Infos:
Blog zur Ausbildung (dt./engl.):
www.wurstjuly.de – #fleischislife
Studium: www.hswt.de/studium/studien-gaenge/
lebensmittelmanagement/dual.html
10 4/2021
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