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sche Produktion verteuern. Unübersehbar
sei ebenfalls, dass Nachhaltigkeitsaspekte für
die Verbraucher immer wichtiger werden.
Und auch ein rückläufiger Antibiotika-Einsatz
sei heutzutage unumgänglich und führe
zu höheren Erzeugerpreisen. Weitere Probleme
könnten im kommenden Jahr durch das
weiterhin über der Branche schwebende Damoklesschwert
namens Afrikanische Schweinepest
und die momentan nicht abschätzbaren
Folgen des Brexits entstehen, erklärte der
Gira-Fachbereichsleiter.
Im zweiten Teil des Webinars wurden die
Auswirkungen des Corona-Virus auf den
Fleischverzehr in Belgien ins Visier genommen.
Zunächst präsentierte Vlam-Marketingberater
Kris Michiels einige Zahlen aus dem
Nachbarland, die auch Rückschlüsse auf den
deutschen Markt zulassen. Er betonte, dass
sich das Verbraucherverhalten wie ein
Dampfer bewege. Zwar gäbe es im Falle eines
Tsunamis wie Covid-19 heftige Reaktionen,
aber – langfristig gesehen – kehre der Konsument
zu seinen eingeübten Handlungsweisen
zurück und ändere sie nur langsam. Zu
beachten sei auch, dass zwischen den bei
Umfragen geäußerten Absichten und dem
tatsächlichen Agieren eine Diskrepanz bestehe,
betonte Michiels.
Begrenzter Einfluss
Der Marketingexperte belegte mit Zahlen,
dass Corona zu deutlich höherem Fleischkonsum
in den eigenen vier Wänden geführt
habe. Die Schließung der Restaurants, der Fokus
auf Home-Office und das Zurückgreifen
auf Kurzarbeit hätten den Verkauf von Frischprodukten
angekurbelt – insbesondere von
Fleisch, berichtete er. So lag der „In-Home-
Frischfleischverzehr“ im zweiten Quartal
2020 um 23 Prozent höher als im gleichen
Vorjahreszeitraum. Auffallend sei auch eine
rückläufige Kauffrequenz gewesen – offensichtlich
um das Kontaminationsrisiko zu minimieren.
Bei den Einkaufskanälen gab es in
der ersten Phase der Krise die höchsten
Wachstumsraten für Nachbarschaftsläden,
später profitierten besonders die Discounter.
Sie erzielten im zweiten Quartal im Fleischsegment
die höchsten Zuwachsraten.
Insgesamt sei der Einfluss von Covid-19
auf die Verzehrgewohnheiten der Belgier allerdings
begrenzt. Produkte, die normalerweise
eher zu Hause verzehrt werden,
schnitten im Vergleich zu Produkten, die normalerweise
– wie Rindfleisch – eher außer
Haus konsumiert werden, leicht besser ab.
Aber grundsätzlich griffen die Belgier mehr
oder weniger auf die gleichen Produkte wie
Viele Verbraucher haben ihr Einkaufsverhalten nicht verändert. Die Favorisierung von regionalen Produkten
überrascht jedoch, zumal ein Großteil nicht zur alten Konsumhaltung zurückkehren will.
EU27+1 Übersicht Fleischnachfrage (vierteljährlich)
Nachfrage-Plus im LEH kann FS-Minus nur bedingt kompensieren
6000
5500
5000
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
Fleischverzehr 2018-2021f
5420 5400
5150
4980 4930 4850
4750 4650
3584
3655
3859
3640 3642
1920 2060 1915
1940 1850
3500
3800
3349
1835
1600
1945
1Q18
2Q18
3Q18
4Q18
1Q19
2Q19
3Q19
4Q19
1Q20e
2Q20f
3Q20f
4Q20f
1Q21f
2Q21f
3Q21f
4Q21f
Volumes (΄000 t cwe)
Pork
Poultry
Beef
Geschlossener/dezimierter FS erholt sich nur langsam: Verlagerung auf LEH-Kanäle
Einfache/billigere/regionalere Präferenzen: setzten Premium-Segment und EU-Binnenhandel zu
Source: Gira compilations
Die Grafik zeigt, wie sich der Verzehr von Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch bis zum Ausbruch der
Corona-Pandemie entwickelt hat und welche Entwicklung erwartet wird.
früher zurück, erläuterte Michiels. Auch
wenn die Konsumenten äußerten, künftig
mehr lokale und gesunde Produkte kaufen zu
wollen, sei – vor dem Hintergrund der sich
andeutenden größeren Wirtschaftskrise –
davon auszugehen, dass der Preis weiterhin
eine bedeutende Rolle bei den Kaufentscheidungen
spielen wird, prognostizierte er.
Über seine Erfahrungen mit der Krise
sprach Manuel Goderis. Der Produktmanager
bei Westvlees, einer der sieben Produktionsstätten
der Belgian Pork Group, die sich
auf das Schlachten, Zerlegen, Portionieren,
Verpacken und Einfrieren von Schweinefleisch
spezialisiert hat, sagte, man habe seit
Corona zwar 15 Prozent mehr in den Handel,
aber 30 Prozent weniger in den Foodservice
abgesetzt. Insgesamt habe man sowohl bei
den Schlachtungen als auch bei den Zerlegungen
einen Rückgang von zehn Prozent
hinnehmen müssen. Innerhalb des Unternehmens
habe man viel unternommen, um
das Virus in Schach zu halten. Neben Investitionen
– beispielsweise in Ventilatoren –
habe man auch mit „Stop-Covid-Stewards“,
welche die Hygieneregeln erklären und ihre
Einhaltung kontrollieren, gute Erfahrungen
gemacht, berichtete der Westvlees-Manager.
Aus der Praxis berichtete auch Luc de Lille
vom familiengeführten Unternehmen Danis,
das die gesamte Wertschöpfungskette „from
farm to fork“ abbildet und insbesondere mit
der Marke „The Duke of Berkshire“ erfolgreich
ist. Er habe ähnliche Erfahrungen wie
die Belgian Pork Group gemacht und erwarte
sehr schwierige Zeiten. Aber er sei ein Optimist
und hoffe, dass Belgien im Oktober offiziell
schweinepest-frei sei und man dadurch
den corona-bedingten Rückgang auffangen
könne, erklärte de Lille.
10/2020 Fleisch-Marketing 15