Edeka Südwest bietet an der Bedienungstheke Fleisch der
Eigenmarke Hofglück, das mit zwei Sternen des Tierschutzlabels „Für
Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes gekennzeichnet ist.
Fleischsommelierkollege Christoph Grabowski bringt es auf
den Punkt, wenn er sagt, genau wie wir Menschen würde ein
Schwein nie in sein Wohnzimmer „kacken“, ist aber in dieser
Intensivproduktion dazu gezwungen.
Es stellt sich die Frage, wie man dieses Dilemma lösen kann.
Ich setze große Hoffnung auf die Initiativen – bei der Landwirtschaft,
den Schlachtbetrieben und den Handelsunternehmen.
Die erste Stufe ist die „Initiative Tierwohl“. Hier wird dem
Schwein mindestens 10 Prozent mehr Platz also 0,82 Quadratmeter
pro 110 Kilogramm eingeräumt und organisches Beschäftigungsmaterial
angeboten. Diese Haltungsform wird mit
dem Signet „Stallhaltung Plus“ etikettiert und vermarktet.
Im Januar 2019 haben sich alle großen Handelsunternehmen
unter der Schirmherrschaft der „Gesellschaft zur Förderung des
Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH“ auf einheitliche Richtlinien
und Etikettierungsformen nach Außen geeinigt. Das kann natürlich
nur ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung sein.
Besser ist es allerdings, die Bedürfnisse der Schweine bestmöglich
zu befriedigen. Diese danken es dann mit geringerer Krankheitsanfälligkeit,
einer ausgeprägten Muskulatur sowie einem deutlich
besseren und intensiveren Geschmack. Diese Schweine sind als
Strohschweine bekannt und fast durchgängig nach den Richtlinien
des deutschen Tierschutzbundes zertifiziert.
Beschäftigungsmaterial für Schweine
Diese Schweine verbringen ihr Leben in einem Aktivstall. Die
Stallfläche ist mindestens doppelt so groß wie gesetzlich vorgeschrieben
und es gibt Bereiche mit ständig frischem und trockenem
Einstreu. Darüber hinaus können sich die Schweine
über Beschäftigungsmaterial wie Bälle, Ketten oder andere
Spielzeuge freuen. Außerdem haben sie die Möglichkeit, einen
Außenbereich zu nutzen, der am Stall angebaut ist. Ihre Toilette
ist ein Bereich, der von allen Schweinen frequentiert wird. Damit
hat man eine unreine, feuchte Ecke und die Tiere halten ihren
Lebensbereich mit dem Einstreu selbst sauber und wühlen
– ihren natürlichen Trieben nachgehend – darin herum.
Glücklichere Schweine bedeutet besseren Geschmack. So einfach
kann das Wohl der Tiere mit dem Nutzen in Einklang
gebracht werden. Aber es gibt einen Aspekt, der insbesondere
in Deutschland eine enorm große Rolle spielt: der Preis. Die
Art der Produktion, die den Tieren deutlich gerechter wird,
führt für den Endverbraucher zu einem Preis, der zirka
doppelt so hoch ist wie der für konventionell produziertes
Schweinefleisch.
Wenn also Schweinefleisch Marktanteile verliert und der
Pro-Kopf-Verzehr sinkt, bietet es sich an, weniger zu verkaufen,
aber das zu höheren Preisen. Davon profitieren alle: als erstes
die Schweine, die in ihrer kurzen Lebenszeit ein besseres, natürlicheres
Miteinander erfahren. Der Landwirt hat mehr Spaß
an seiner ethischeren Schweineproduktion und genießt eine
finanzielle Absicherung. Die Händler können den Wünschen
der Kunden entgegenkommen, ohne finanzielle Verluste hinnehmen
zu müssen. Und schließlich gewinnt auch der Konsument,
der sicherlich nicht nur den besseren Geschmack zu
schätzen weiß.
Der Handel ist im vergangenen Jahr an den Bedienungstheken verstärkt auf den
Wunsch nach verbesserten Haltungsbedingungen eingegangen. Kaufland offeriert
nun unter der Marke „Wertschätze“ beispielsweise Fleisch von Schweinen,
die mit deutlich mehr Platz aufwachsen.
Der Autor
Michael Keller ist Fleischermeister,
Jäger und selbstständiger Fachberater
für französischen Käse, Rindfleisch,
Geflügel und Wein. Der Fachdozent
für Geflügel und Wild, der sich
seit 2017 zertifizierter Fleischsommelier
nennen darf, ist überdies
Teambetreuer des National Teams
Metzger „The German Wolf Pack“
und Jury-Präsident beim Kreativ-
Award-Wettbewerb von Fleisch-
Marketing. www.keller-promotion.de
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3/2019 Fleisch-Marketing 33