Mit Fleisch vom Wildschwein hat man ein vielfältiges Produkt – beispielsweise
ein Doppel-Tomahawk-Kotelett.
Wildfleisch verdient einen höheren Stellenwert in den Theken. Das gilt auch für
gemischte Burgerpattys mit frisch gehacktem Rosmarin.
Naturnah und
geschmackvoll
SERVICE & BEDIENUNG
Die aktuellen Diskussionen im
Fleischbereich um Nachhal-
tigkeit, Naturnähe und Geschmackintensität
besteht das heimische
Wildfleisch mit Bravour. Dazu
kommen ernährungsphysiologische
Vorteile, denn es besitzt neben Mineralstoffen
wie Eisen und Zink auch höheren
Mengen hochwertiger B-Vitamine
als andere Fleischarten. Darüber
hinaus glänzt Wildfleisch mit geringem
Wildfleisch wird beim Verbraucher
immer beliebter, das zeigt auch die
Nachfrage im Wildgroß- und Fachhandel.
Worauf bei der Vermarktung der Erzeugnisse
zu achten ist, erklärt Fleisch-
sommelier Michael Keller, der sich seit
kurzem auch Wildsommelier nennen darf.
Fettgehalt und einem höheren Anteil von einfach- und mehrfach
ungesättigten Fettsäuren.
In den Köpfen der meisten Verbraucher ist Wildfleisch fest in der
kalten Jahreszeit verankert. Aber dafür gibt es keinen Grund, denn
beispielsweise Wildschweine dürfen das ganze Jahr – bis auf Bachen,
also Mütter mit Ferkeln – bejagt werden und deren Fleisch steht damit
ausreichend zur Verfügung. Rehwild ist in Nordrhein-Westfalen
von Anfang April bis Ende Januar jagdbar. Allerdings ist das Angebot
von Wild ab September deutlich größer.
Wenn man fein zerlegt, können von Reh Ober- und Unterschale,
Hüfte, Kugel, Semerrolle, Bürgermeisterstück und Tafelspitz für
Steaks, Schnitzel oder Spieße verarbeitet werden. Das gilt auch für
die enthäuteten Muskel aus der Schulter – wie Metzgerstück, dickes
Bugstück, falsches Filet oder Schaufelstück. Weitere Steaks sind aus
dem Rücken zu gewinnen – natürlich die Filets möglichst als Ganzes
ausgeschnitten mit dem Filetkopf, neben dem Hüftknochenansatz
zum Röhrenknochengelenk. Dann bietet sich noch das Blattfederstück
an, von dem man ausgelöst ein
schönes Rückensteak erhält, oder ein
doppelt mit Knochen geschnittenes
Rehkotelett. Die nächsten acht Rippenstücke
eignen sich für die Reh-Krone,
gesägt ohne Rückgrat oder auch als
Tomahawk-Steaks mit langer Rippe.
Auch vom Nacken gewinnt man ein
Steak mit fünf Rippen. Damit trägt
man dem Trend nach Kurzbratartikeln
Rechnung und hat schon viel vom ganzen
Tier verwertet. Der restliche Nacken ist mit dem Rippenfleisch
gut geeignet für die Produktion von Bratwurst, Burger Pattys oder
Hackfleisch. Wichtig ist hierbei, dass die Faszien, Sehnen und Oberflächenhäutchen
entfernt sind. Das gilt auch für die Schulter, die man, im
Ganzen ausgelöst, gut für einen Rollbraten oder als Long Job mit Knochen
auf dem Smoker nutzen kann. Sowohl die Hinter- als auch die
Vorderläufe eignen sich hervorragend zum Schmoren für ein Ragout.
Ende Juni gab es in der Fleischerakademie Augsburg den ersten
Kurs zum „Zertifizierten Wildsommelier“. Der zweiwöchige Lehrgang
bot neben Praxiswissen auch die notwendige Theorie, um dem Kunden
ein hervorragendes Geschmackserlebnis zu ermöglichen. Internationale
Referenten aus dem Jagd-, Fleisch-, Koch- und Foodbereich
– beispielsweise die Spitzenköche Tom Heinzle und Heiko Antoniewicz,
der Grillweltmeister Oliver Sievers sowie der Fleisch- und Gewürzsommelier
Matthias Endrass – zeigten die vielfältigen Möglichkeiten
im Umgang mit Wildfleisch auf und boten dabei auch einen
Blick über den Tellerrand.
28 9/2022 Fleisch-Marketing