Trends & Märkte
Jede Krise hat ihre Auswirkungen auf das
Verbraucherverhalten der Deutschen. Corona
brachte wegen der eingeschränkten Reisetätigkeit
den Frischetheken des Lebensmittelhandels
ein gutes Umsatz-Plus. In Inflationszeiten ist
es umgekehrt: Der Verbraucher will sparen
und setzt auf preiswertere Artikel.
Die Deutschen rechnen – laut einem Statement der Bundesvereinigung
der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) –
mit einem weiteren Anstieg der Lebensmittelpreise. Eine
aktuelle Studie besagt, dass mehr als 60 Prozent der Befragten von
einer weiteren Inflation im Lebensmittelsektor ausgehen. Einen
weiteren Anstieg halten knapp 90 Prozent für realistisch.
Erfahrungsgemäß reagieren verunsicherte Verbraucher immer
mit Zurückhaltung bei ihren Einkaufsgewohnheiten. Es wird wieder
mehr auf Preise geachtet und vorsichtiger eingekauft. In der Corona
Krise wurde mehr Geld für hochwertige Fleisch- und Wurst-
Wachsende
Preissensibilität
Der Verbraucher achtet derzeit besonders auf die Preise der Produkte in
der Frischetheke.
waren ausgegeben. Offensichtlich wollten viele Bundesbürger mit
dem Genuss von edlen Produkten aus dem Lebensmittelhandel in
den eigenen vier Wänden kompensieren, dass die Urlaubsreise ausfallen
musste.
Jetzt gaben mit Blick auf die aktuellen Preissteigerungen knapp
57 Prozent an, möglichst günstig einzukaufen. Gut ein Drittel begegnet
Geschmack ist weiterhin das
entscheidende Einkaufskriterium.
laut BVE der Teuerung auch mit dem Konzept, sich penibel an
den Einkaufszettel zu halten. Spontan- und Impulskäufe an der Frischetheke
sind daher aktuell die Ausnahme – zumal gut 26 Prozent
der Befragten auf eine solide Bevorratung setzten, bevor die Preise
noch mehr steigen würden.
Laut der Umfrage ist der Preis das wichtigste Kriterium beim
Einkauf von Lebensmitteln. Mehr als zwei Drittel der Befragten
achten darauf am stärksten. Erst an zweiter Stelle folgt mit 44 Prozent
der Geschmack. Knapp 31 Prozent achten vornehmlich auf
Bio-Qualität. Die Nachhaltigkeit gehört für knapp 25 Prozent zu
den wichtigeren Kriterien. Verbandsgeschäftsführer Christoph
Minhoff wies darauf hin, dass sich die Gewichtung der Einkaufskriterien
durch den Ukraine-Krieg verschoben hätte. Bei aller
Preissensibilität stehe der Geschmack der Lebensmittel aber weiterhin
ganz weit oben, sagte er.
Dass der Preis – noch – nicht das alles entscheidende Kaufkriterium
ist, zeigte sich auch bei der Eröffnung der Biofach in Nürnberg,
wo der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
die ungebrochene Verbrauchertreue bei Bio-Erzeugnissen betonte.
Kunden in Deutschland hätten in den ersten fünf Monaten
2022 rund 35 Prozent mehr für Bio-Frischeprodukte, deren Preis
naturgemäß höher ist als der von konventioneller Ware, ausgegeben
als im gleichen Zeitraum 2019 – und damit vor der Pandemie,
hieß es. In einem rückläufigen Lebensmittelmarkt zeige sich der
Bio-Markt robust, erklärte Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand
des BÖLW.
10 9/2022 Fleisch-Marketing