Unternehmen & Konzepte
Virtueller Dialog
Die herausfordernden Zeiten
haben GS1 umdenken lassen:
Der Branchendialog Fleisch +
Wurst findet derzeit in virtu-
eller Form statt. Beim zweiten
Online-Event des Jahres stand
die Absatzkrise im Mittelpunkt.
Unter dem Motto „Absatz(krise) –
Fleischabsatz und innovative
Technologien in herausfordernden
Zeiten“ trafen sich Branchenvertreter
am 15. Oktober virtuell, um sich über aktuellen
Themen und Entwicklungen zu
informieren und auszutauschen. Zunächst
beleuchtete Dr. Tim Koch, Marktanalyst
Verbraucherforschung bei der Agrarmarkt
Informations-GmbH, die Absatzkrise
von deutschem Schweinefleisch angesichts
von Corona und der Afrikanischen
Schweinepest. Er zeigte, dass die Exporte
in Drittländer zwar von Januar bis Juli von
561.000 Tonnen auf 615.000 Tonnen
deutlich zugenommen hätten, wies aber
darauf hin, dass durch den ASP-Ausbruch
in Deutschland ein Einbruch zu konstatieren
sei. „Die edlen Teile finden auch wo-
anders Abnehmer, nicht aber die Ne-
benprodukte“, sagte er mit Blick auf das
China-Geschäft.
Eingebrochene Preise
Bei der privaten Nachfrage nach Fleisch in
Deutschland meldete er in den ersten sieben
Monaten eine Steigerung. So sei Rind
in der Menge um 19,8 Prozent im Vergleich
zum Vorjahreszeitraum gewachsen
und auch Geflügel hätte mit 14,1 Prozent
erheblich zugelegt. Fleischwaren und
Wurst mit 3,5 Prozent und Schwein mit 3,1
Prozent seien dagegen nur moderat gestiegen.
Schließlich blickte er noch auf die
Schlachtschweinepreise. Sie seien eingebrochen
Digital fand der Branchendialog Fleisch + Wurst im Oktober statt. Während David Hintzen von GS1
moderierte und die abschließende Diskussionsrunde leitete, beleuchtete Helmut Hübsch den Fleischabsatz
zu Corona-Zeiten.
und hätten Mitte Oktober bei 1,27
Euro je Kilogramm gelegen, während es
zwölf Monate zuvor noch 1,85 Euro je Kilogramm
gewesen wären. Dass sich der
Schlachtschweinepreis im vierten Quartal
erholt, ist unwahrscheinlich, denn dem
deutlich unter Vorjahr liegenden Angebot,
stehen große Überhänge an Schlachtschweinen,
rückläufige Nachfrage durch
ASP und Corona sowie der die Vermarktungsmöglichkeiten
begrenzende fehlende
Drittlandshandel gegenüber.
Nachdem Professor Gerd Weyland aktuelle
Rechtsfragen aus der Fleischbranche
und Dr. Klemens van Betteray, Vice President
bei CSB System, Chancen der Blockchain
Technologie als Instrument der
Rückverfolgung in der Fleischvermarktung
bewertet hatten, analysierte Annika
Johanna Thies vom Thünen-Institut das
Verzehrniveau ausgehend von der Erzeugerseite.
Sie setzte sich mit der Frage auseinander,
ob der Fleischverzehr, der sich
aus dem Verbrauch ableitet und für den
Koeffizienten genutzt werden, die vor
mehr als 30 Jahren festgelegt wurden,
nicht niedriger ist, als er ermittelt wird.
Nach ihren Berechnungen lag der Pro-
Kopf-Verzehr bei Schweinefleisch zwar
etwas niedriger, bei Rind und Geflügel jedoch
etwas höher als nach der traditionellen
Schätzung. So kommt sie zum dem
Fazit: „Der Fleischverzehr wird gemäß
Versorgungsbilanz nicht überschätzt“.
Im letzten Vortrag beleuchtete Helmut
Hübsch vom GfK Consumer, Panels & Services
den Fleischabsatz vor und während
Corona. Wie Hübsch berichtete fing das
Jahr 2020 bei Frisch-Fleisch-Geflügel vor
Corona etwas schlechter an als „normal“,
doch ab Februar stieg das Mengen-Niveau
und hatte im April seinen Höhepunkt, der
deutlich über dem langjährigen Mittel lag,
ehe es wieder langsam abnahm und im
August etwas unter dem Durchschnittswert
lag. Ähnlich verlief die Entwicklung
für Wurst im bisherigen Jahr.
Anstieg von Alternativen
Wie Hübsch berichtet, hat Corona die Forderung
nach Nachhaltigkeit „eher noch bestärkt“.
Die steigende Tendenz zur Reduktion
des eigenen Fleischverzehrs sei nicht
bei allen nur ein Lippenbekenntnis, sagte
er. So sei der Anteil der privaten Haushalte,
die im Zeitraum von Januar bis August
Produkte mit pflanzlichen Alternativen
zum Fleisch eingekauft haben, deutlich gestiegen,
erklärte er. Auch deshalb müsse
sich die Branche mit der Frage beschäftigen,
wie Wurst und Fleisch im Wert und
nicht in der Menge wachsen könne.
32 11/2020 Fleisch-Marketing