SERVICE & BEDIENUNG
Mit bunten Spießen – egal von welcher Fleischart – kann man Blickfänge schaffen.
Ganzjähriges Angebot
Herbst und Winter sind traditionell die Zeit für Wildfleisch – auch weil viele Jagdbezirke zum Halali
blasen. Fleischsommelier Michael Keller – selbst passionierter Jäger – meint jedoch, dass diese
natürliche Fleischart auch während der restlichen Monate in die Bedienungstheken gehört.
Wildfleisch sollte länger als nur über die „Saison“ im
Herbst und Winter vermarktet werden, denn es
herrscht mehr oder weniger das ganze Jahr über Jagdsaison.
Wildschweine sind bis auf führende Bachen, also Mütter mit
Frischlingen, die noch gesäugt werden, von Januar bis Dezember
jagdrechtlich offen. Rehe je nach Geschlecht vom 1. Mai bis zum 15.
Februar. Das gilt auch für Rotwild, Sika oder Damwild – je nach Region
oder Geschlecht. Importware – meist aus Australien und Neuseeland
– steht ebenfalls das ganze Jahr über zur Verfügung. Aber
traditionell wird vielerorts erst in der Herbst-Winterzeit Platz in der
Theke geschaffen, um Wildfleisch entsprechend zu präsentieren.
Natürliche Fleischgewinnung
Diese Vorgehensweise hat ihren Ursprung in der Vergangenheit,
denn „früher“, als es noch keine so ausgeprägten Kühlmöglichkeiten
wie heute gab, wurde das Wild erlegt und dann meistens in der Decke,
Schwarte oder im Balg draußen hängend abgereift. Dazu musste
es kalt sein, und das traf auf den Herbst und Winter zu. Wenn
dann die Temperaturen stiegen und das Wild draußen abreifte, ging
der Reifeprozess oftmals sehr schnell weiter und das Wild wurde –
wie die Franzosen sagen – „Haut Gôut“ angeboten. Das ist allerdings
glücklicherweise nicht mehr so, denn Haut Gôut ist eher ein überlagerter
Reifeprozess mit einem Anflug leichter Verwesung. Das führte
dazu, dass man Wildfleisch in Buttermilch einlegte, um den leicht
ins Gammelige abdriftenden Geschmack abzumildern.
Heute ist das aufgrund der modernen Kühltechnik und der Hygienevorschriften
nicht mehr nötig. So sollte man nach dem sauber
gesetzten Schuss, den Körper umgehend aufbrechen und ausnehmen
und ihn dann schnellstmöglich in der Wildkühlung unterbringen.
So versorgt und nach der Reifung – je nach Wildkörper drei bis
sechs Tage im Ganzen abgehangen – dann grobzerlegt und vakuumiert,
verfügt man über hervorragendes Wildbret, das bei passender
Feinzerlegung direkt verkaufsfertig angeboten werden kann.
Ernährungsphysiologisch ist Wildfleisch besonders wertvoll. Es
ist vor allen Dingen der hohe Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Die essentiellen Omega-3-Fettsäuren, die wir nicht selbst
entwickeln können, sondern über die Nahrung aufnehmen, bilden in
unserem Körper eine gefäßschützende Wirkung. Hirschfleisch hat
im Fettanteil des Fleisches 35,8 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren,
Reh sogar 39,2 und Wildschwein 37 Prozent Omega-3-Fettsäuren.
Beim Mastschwein sind es hingegen nur 8,6 Prozent, beim
Rind im Schnitt 11,8 und beim Schaf 9,6 Prozent. Dem Wild am
nächsten kommt das Geflügelfleisch mit 24,9 Prozent mehrfach ungesättigte
Fettsäuren
Neben diesem Argument für den Verkauf von Wildfleisch lässt sich
mit der natürlichen Fleischgewinnung punkten. Denn bei Wild handelt
es sich um das natürlichste Fleisch, das angeboten werden kann,
weil das Tier in der Natur und mit der Natur gelebt hat. Mit einem
plötzlichen unerwarteten Schuss wird das Wildtier erlegt – und im
Anschluss zum hochwertigsten Lebensmittel aus dem Fleischbereich.
28 11/2020 Fleisch-Marketing