EDITORIAL Fleisch-Marketing
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Am Pranger
Die Corona-Pandemie hat wieder einmal deutlich gemacht, dass die Fleischbranche ein Imageproblem
FLEISCH-MARKETINGIhr direkter
Dank einheimsten, griffen bald wieder die alten Mechanismen. Kaum waren die ersten Anhäufungen
europäische Werkvertragsarbeiter, Kontaktbeschränkungen im Wohnbereich und Abstandsregeln
Dass die selbst ernannten „Tierrechtler“ eine Chance witterten, für ihr Anliegen zu werben,
überraschte nicht. Aber auch Gewerkschaftler und Politiker wollten sich profilieren. Statt auf
sachliche Kritik zu setzen, beteiligten sie sich an einem undifferenzierten Fleischbranchen-
Bashing. So erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil martialisch, dass er mit prekären
Verhältnissen in der Branche „aufräumen“ wolle. Auf welchem Niveau sich die Statements
bewegten, zeigte ein Beitrag von Katja Kipping. Die Vorsitzende von „Die Linke“ überraschte in
einem Zeitungsinterview mit der – „originellen“ – Idee, Sammelunterkünfte durch dezentrale
Unterbringung zu ersetzen. Und da derzeit viele Ferienwohnungen frei seien, könnte man diese
anmieten. Das erscheint logisch, zumal Ferienwohnungen und Sammelunterkünften meist
in den gleichen Gebieten liegen. Da drängt sich der Wunsch auf, dass eine Volksvertreterin
erst einmal nachdenkt, bevor sie den Mund aufmacht.
Die Diskussion offenbarte aber auch wieder die Scheinheiligkeit vieler Medien. Während die
Berichte über die Landwirtschaft fast nur den pandemie-bedingten Mangel an südosteuropä-
ischen Erntehelfern und nicht deren Arbeitsbedingungen thematisierten, wurde die Fleischbranche
von den Gastarbeitern profitiert, aber wahr ist auch, dass diese die Arbeit schätzen, dass jede
Veränderung Geld kostet und die Gefahr birgt, dass sich die Produktion – angesichts des harten
Auftritt von Arbeitsminister Heil auf einer Pressekonferenz. Auf die Frage, ob er glaube, dass
der deutsche Verbraucher bereit sei, verbesserte Bedingungen bei der Fleischproduktion
zu honorieren, holte er zunächst weit aus und sprach grundsätzlich über Fehlentwicklungen
in der Branche – eine Antwort gab er allerdings nicht.
Norbert Gefäller
6/2020
Fleisch-Marketing
hat. Denn nachdem die Unternehmen zu Beginn der Krise – wie der gesamte Nahrungsmittelsektor
– als systemrelevant ausgezeichnet wurden und für ihr Handeln Lob und
von Corona in Fleischbetrieben bekannt geworden, heizte sich die Debatte über ost-
am Arbeitsplatz und die gesamte Fleischindustrie auf.
pauschal an den Pranger gestellt. Wahr ist, dass die höchst effiziente Fleischindustrie
Wettbewerbs – ins Ausland verlagert. Symptomatisch für die bigotten Debatten war der
Weg zu unseren
Mediadaten u