Trends & Märkte
und Vielfalt“
Überdies wird jede einzelne Karkasse analysiert und der optimalen
Verwertung zugeführt. Mit der weltweit einzigartigen Feinzerlegung
in mindestens 34 Muskelpartien waren die französischen Metzger
schon immer weit vorne in ihrem fachlichen Angebot.
FLEISCH-MARKETING: Ist der französische Markt anders
als der deutsche? Und was ergibt sich daraus?
KELLER: Die Vielfalt an Teilstücken der einzelnen Muskelpartien
waren in Frankreich schon immer deutlich ausgeprägter als in
Deutschland, da die Verzehrform als Kurzbratstück – also Steaks –
weit über die als Filet, Roastbeef und Hüfte hinausgingen. Die französische
Rindfleischindustrie hat neue Verfahren für die Zubereitung,
Zerlegung und Reifung von Rindfleisch eingeführt, um auf
neue gesellschaftliche Trends zu reagieren, wie etwa neue Teilstücke
für das Grillen, Entwicklung von Siegeln wie Label Rouge oder
Bio-Rindfleisch. So gehören moderne Steakangebote für die Grillspezialisten,
beispielsweise aus dem Rindernacken, der Schulter
oder dem Bauchlappen – also Bavette oder besser bekannt als
Ein Pluspunkt für französisches Rindfleisch ist die sehr feine Fleischfaserung
mit intrazellulären Fetteinschlüssen, die zu einem charakteristischen
Geschmack führen.
Flanksteak – für französische Kunden zum Angebot. Dieses Sortiment
kann man auch als deutscher Händler über führende französische
Großhändler und Unternehmen, die den deutschen Markt
gut kennen, beziehen.
FLEISCH-MARKETING: Wie sieht es mit dem immer
beliebter werdenden Dry-Aged-Beef aus?
Französisches Rindfleisch hat eine lange Tradition. Überdies ist Frankreich
der größte Rindfleisch-Erzeuger in der EU.
KELLER: Auch die Trockenreifung besonderer Teilstücke kann man
gezielt einkaufen. Dafür bieten sich neben etwas fetteren Jungbullen
vor allen Dingen Ochsen und Färsen sowie ältere Kühe an, die passende
Fettauflagen haben und die teilweise in ganzen Karkassen passend
abgehangen und vorgereift werden. Besonders bei dieser Reifemethode
ist das „Côtes de Boeuf“ ein Klassiker der französischen
Rindfleischproduzenten – das Entrecôte, also Zwischenrippenstück
mit fünf oder sieben Rippen und dem passenden Fettauge, ist ein Genussstück
par excellence. Dieses Teilstück als „Rippen-Familiensteak“
mit einem Gewicht von zirka 1,5 Kilogramm lässt fast keine Wünsche
offen. Wie in Frankreich typisch mit Speck badiert, ist es ein absoluter
Hingucker in der Theke. Selbstverständlich kann man in Frankreich
auch die Lieblingsstücke der BBQ-Szene beziehen: die Rinderbrust,
das Tafelspitz oder leicht gesalzene fertige Burgerpatties.
FLEISCH-MARKETING: Wie würden sie die französische
Produktionskette kurz charakterisieren?
KELLER: Das Motto der kompletten Produktionskette für Rindfleisch
aus Frankreich – von Landwirten über Transporteure sowie Schlacht-
und Zerlegebetriebe bis zu den Großhändlern – lautet „Unsere Passion,
unser Engagement“. In der Tat ist es dem Zusammenwirken und
dem täglichen Engagement jedes einzelnen Beschäftigten der Branche
zu verdanken, dass Frankreich ein Qualitätsprodukt anbieten
kann, das den unterschiedlichsten Ansprüchen genügt und in der
ganzen Welt anerkannt ist. Das sagt eigentlich alles aus, und auch ich
engagiere mich mit Leidenschaft für diese traditionelle Produktion
von hochwertigem, natürlich gewonnenem Rindfleisch.
6/2020 Fleisch-Marketing 15