Unternehmen & Konzepte
Als der Lastruper Wurst-
warenproduzent Schulte
die Marke Glücksatt vor
einem Jahr auf den Markt
brachte, fand das Konzept
viel Anklang. Aber bei der
Akzeptanz von höheren
Preisen und einer eingeschränkten
Warenverfüg-
barkeit scheiden sich
die Geister.
Bewusster
Wurstkonsum
Die Ursprünge des Familienunternehmens
mit seinen knapp 100 Mitarbeitern
gehen auf das Jahr 1948 zurück,
in dem Heinrich Schulte im nieder-
sächsischen Lastrup ein Fleischer-Fachgeschäft
gründete. Während das Unternehmen,
das heute von Schultes Sohn Werner, dessen
Tochter Sarah und ihrem Mann Mirko Dhem
geführt wird, anfänglich die Produktion von
Leberwürsten in den Vordergrund stellte,
fand bald eine Spezialisierung auf Schweinezungen
statt. Darüber hinaus wurde ein breites
Sortiment hergestellt, und das ist eine
Voraussetzung für das Glücksatt-Programm,
denn zur Nachhaltigkeit gehört auch, dass
das gesamte Tier wertschätzend verarbei-
tet wird.
Hinter dem Projekt, bei dem Transparenz
eine sehr große Rolle spielt, stehen neben
Schulte auf der Stufe Landwirtschaft die Familien
Mörixmann und Hackmann, die einen
sogenannten Aktivstall für Schweine betreiben.
Dieses von Gabriele Mörixmann entwickelte
innovative Konzept vereint die Vorteile
von konventioneller und Bio-Haltung. Es bietet
den Schweinen doppelt so viel Platz wie
gesetzlich vorgeschrieben, Außenterrassen
und zahlreiche Aspekte für ein gesundes und
aktives Heranwachsen. 2019 wurden die beiden
Landwirte von Bundeslandwirtschaftsministerin
Julia Klöckner mit dem Innova-
tionspreis der Initiative Tierwohl ausgezeichnet
– Gabriele Mörixmann für das Konzept
und Heinz Hackmann für die bauliche
Umsetzung des Aktivstalls. Mit Brand Qualitätsfleisch
wurde im nahe gelegenen Lohne
ein Partner gefunden, der eine schonende,
stressfreie Schlachtung unter tiergerechten
Bedingungen durchführt, was sich ebenfalls
positiv auf die Qualität des Fleisches auswirkt.
Die Resonanz auf die neue Marke „war und
ist sehr unterschiedlich“, berichtet Sarah
Dhem. Ein Mehr an Tierwohl, Handwerk,
Transparenz und Verantwortung zögen
höhere Preise nach sich und vor allem auch
ein nicht mehr unendliches Angebot. Jedes
Schwein habe nur zwei Nacken – auch zur
Grillzeit. Und bei der Akzeptanz der „Bedingungen“,
die das Programm stellt, würden
sich die Geister scheiden, erklärt Dhem, die
auch Präsidentin des Bundesverbandes der
Deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF)
ist. Sie selber und die Händler, die sich darauf
einlassen, hätten allerdings die Erfahrung
gemacht, dass die Verbraucher die eingeschränkte
Verfügbarkeit als ein Qualitätsmerkmal
sehen, betont sie.
Vertrieben werden die Glücksatt-Produkte,
die es sowohl für Bedienungstheke als auch
SB-Bereich gibt, derzeit vor allem rund um
den Aktivstall der Familie Mörixmann im
Raum Osnabrück. Aber auch rund um Minden
in den WEZ-Märkten der Edeka oder bei
Dodenhof sind sie zu finden. Grundsätzlich ist
das Programm aber nicht regional aufgebaut.
Die Regionalität in der Wertekette und die
kurzen Transportwege für die Schweine seien
zwar wichtig, aber wenn das fertige Produkt
weiter gefahren werde, sei das kein
Nachteil, erklärt Sara Dhem und hofft, dass
Glücksatt bundesweit Händler und deren
Kunden überzeugt, denn Ziel sei es, einen bewussten
Fleisch- und Wurstkonsum mit gutem
Gewissen und zu fairen Preisen zu eta-
blieren.
An der Theke ist es einfacher, das Glücksatt-Programm
zu erklären. Aber auch im Selbstbedienungsbereich
gewinnt die Marke an Bekanntheit.
Sarah und Mirko Dhem hatten schon länger im
Rahmen anderer Projekte mit dem Aktivstall zusammengearbeitet,
ehe sie mit der Marke
Glücksatt an den Start gingen.
5/2020 Fleisch-Marketing 33