EDITORIAL
Nachhaltige Herausforderungen
Nachhaltigkeitsaspekte werden für die Lebensmittelbranche und die ihr zuarbeitende Industrie weiter an
Bedeutung gewinnen, und nur, wer sich diesen Herausforderungen stellt, wird in Zukunft auf Kundenzuspruch
hoffen können. Das offenbart nicht nur die Nestle Ernährungsstudie, nach der selbst in Zeiten der Corona-
Pandemie der Kampf gegen den Klimawandel für die Menschen in Deutschland höchste Priorität hat – und
das über alle Alters-, Geschlechts-, Bildungs- und Einkommensgruppen hinweg. Auch der Langzeitvergleich
des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien beim
Lebensmitteleinkauf in der vergangenen Dekade deutlich zugenommen hat.
Der Philosoph Richard David Precht glaubt, dass Corona diese Entwicklung trotz der zu erwartenden
wirtschaftlichen Folgen nicht verlangsamen wird. Der bekannte Autor, der beim diesmal digitalen Nach-
haltigkeits-Dialogforum der Rewe Group mitdiskutierte, sieht ein sperrangelweit offenstehendes Fenster,
in Alternativen zu denken, und eine Bereitschaft der Menschen, sich auf echte Verhaltensänderungen
einzulassen. Und er hält die Frage, ob Kapitalismus wachsen muss oder nicht, für hochspannend.
Vielleicht ist man in Dänemark schon einen Schritt weiter. Denn Danish Crown gab bekannt, kein Wachstum
mit höheren Zahlen an geschlachteten Tieren anzustreben, sondern den Fokus bei der Konzernstrategie auf
die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks zu legen. Bis 2026 will Danish Crown die Anlieferung von Schweinen
auf dem aktuellen Niveau halten. Gleichzeitig sollen Investitionen in Erhalt und vorzugsweise Ausbau der
Nachhaltigkeit fließen, die dann als Hebel für Wertsteigerungen bei den Produkten wirken soll.
Eine andere Antwort auf die Frage, wie die Zukunft aussehen kann, liefert Rewe mit dem jetzt eröffneten
ersten Green Farming in Wiesbaden-Erbenheim. Der Supermarkt beeindruckt nicht nur mit einer ressour-
censchonenden Lebensmittelproduktion auf dem Dach, sondern auch durch die intelligente Kühl- und
Wärmetechnik, hundert Prozent Grünstrom sowie die Verwendung von Regenwasser für die Dachfarm,
Sanitäranlagen und Reinigung des Marktes.
Nicht nur diese Beispiele zeigen, dass sich das Thema Nachhaltigkeit immer fester in der Gesellschaft
verankert – mit weitreichenden Konsequenzen für Konsumverhalten und Produktionsstrukturen. Und weil
der Umgang mit zeitgemäßer Technik im Lebensmittelhandel sortimentsübergreifend ist, empfehlen wir
dieses Heft auch den Leserinnen und Lesern unserer Schwesterzeitschriften „Milch-Marketing“ und der
„KÄSE-THEKE“ als Kompaktbeilage.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Norbert Gefäller
ng@blmedien.de
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Foto: Colourbox.de