SERVICE & BEDIENUNG
Die Vielfalt im Rindfleischangebot ist enorm. Neben regionalen sind auch internationale Produkte – beispielsweise aus Irland oder den USA – gefragt.
Spezialitäten vom
internationalen Markt
Für viele Verbraucher steht bei Rindfleisch derzeit nicht der Geschmack,
sondern der Zartheitsaspekt im Vordergrund. Den Fragen, warum das noch so ist und
wie sich der Markt verändert, geht Fleischsommelier Michael Keller nach.
Während früher ausschließlich einheimische Rinder geschlachtet,
verarbeitet und verkauft wurden, hat sich das
Angebot drastisch verändert. Heute erwarten die Kunden
auch internationales Rindfleisch und Teilstücke aus der ganzen Welt.
In erster Linie geht es dabei um Steakzuschnitte. Neben den klassischen
Muskelpartien wie Filet, Entrecôtes, Roastbeef oder Hüfte stehen
neuerdings auch die sogenannten New Cuts wie Flank, Flat Iron,
Tafelspitz oder Tri Tip im Fokus.
Fehlender Eigengeschmack
Angefangen hat der internationale Steak Hype mit der Implementierung
der Steakhausketten – von Block House bis Maredo – in den siebziger
Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Hinzu kamen Einzelrestaurants
mit Namen, die wie El Gaucho, La Posada oder Asado an
Argentinien erinnerten. Eins hat die Steakhäuser am Anfang vereint:
Es gab argentinisches Rindfleisch als Steak mit verschiedenen Toppings
– beispielsweise die Chimichurri, eine aus Kräutern, Chili, Pfeffer
und Öl zusammengesetzte Sauce mit einer kräftigen Grundschärfe.
Diese Entwicklung erklärt, warum die meisten Verbraucher oder
Kunden nicht den Fleischgeschmack als Qualitätskriterium, sondern
den Zartheitsaspekt des Steaks als entscheidend ansehen. Der
Hintergrund ist einfach: Das südamerikanische Rindfleisch war in
der Regel vier Wochen per Frachter bei 0,5 Grad Celsius nach
Deutschland unterwegs. In den Kühlhäusern in Hamburg oder Bremerhaven
wurde es eingelagert und dann an den Groß- und Einzelhandel
sowie die Gastronomie geliefert. Bevor das Fleisch aus dem
Vakuum kam und angeschnitten wurde, war es mindestens sechs,
teilweise bis zu zehn Wochen alt und entsprechend abgereift. Der
Geschmack des Fleisches war eher „neutral“, aber es war aufgrund
der beginnenden Zersetzung sehr zart und mit einer kräftigen
Kräuterbutter oder einer Chimichurri konnte man den fehlenden
Eigengeschmack überdecken.
Nach dem Handelsabkommen der Europäischen Union vom Juli
des vergangenen Jahres mit den Mercosur Staaten – Argentinien,
Brasilien, Paraguay und Uruguay – sind die Voraussetzungen für die
Importe von südamerikanischem Rindfleisch hervorragend. Denn
es entfallen Zölle im Wert von mehr vier Milliarden Euro pro Jahr, so
dass Rindfleisch aus diesen großen Erzeugerändern günstig importiert
werden kann. Und das hat zur Folge, dass südamerikanische
Produkte im deutschen Markt preiswert angeboten werden.
Der Markt ist allerdings auch sehr offen für Regionalität, und da
spielt europäisches Rindfleisch eine große Rolle. Neben Frankreich
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