Trends & Märkte
Spiegel der Zeit
Wie sieht die Marke der
Zukunft aus und wie die
Zukunft der Marken? Ant-
worten auf diese Fragen
liefert die tiefenpsycholo-
gische Studie der Markt-
forschungsagentur
Rheingold Salon.
Welche Relevanz haben Marken
heute und in der Zukunft? fragte
sich die Agentur im Auftrag
von Dr. Oetker und kam zu dem Ergebnis,
dass Marken für die Deutschen nach wie
vor eine bedeutende Rolle spielen. Denn die
großen Marken erreichen weiterhin Bekanntheitswerte
von mehr als 90 Prozent.
Lediglich zehn Prozent der Deutschen vertrauen
überhaupt keiner Marke und nur
fünf Prozent kennen keine Marke, die sie
sympathisch finden. Die Studie zeigt aber
auch, warum die Bedeutung von Marken
scheinbar zurückgeht: Von Marken wird
heute viel mehr verlangt, um gesellschaftlich
akzeptiert und gekauft zu werden.
Seit jeher sind Marken ein spannender
Spiegel ihrer Zeit. Während sie zu Beginn
ihrer Geschichte „Lebenshelfer“ mit Fokus
auf den Produktnutzen und später „Entwicklungshelfer“
mit Platz für Emotionen
und Gefühle waren, haben sie sich im Laufe
der Zeit zu „Identitätsstiftern“ entwickelt.
Da Marken und Werbung schon früh
miteinander verwoben waren, zählt die
Digitalisierung zu dem größten Treiber
für den Wandel von Marken und deren
Kommunikation. Vor der Digitalisierung
teilten Marken als Leuchttürme ihre Botschaften
mit und sprachen eine bestimmte
Zielgruppe an.
Marken spielen angesichts der Produktvielfalt nach wie eine wichtige Rolle – auch bei Lebensmitteln.
Allerdings befinden sie sich im Wandel, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Heute hingegen findet der Mensch „seine“
Marken, die ihn bei der Identitätsstiftung
und -entwicklung unterstützen. Marken
müssen somit die seelischen Befindlichkeiten
aufnehmen, um relevant zu bleiben. Da
die Allgemeinverbindlichkeit von Normen
abgenommen hat, gibt es insbesondere bei
den jüngeren Generationen eine Sehnsucht
nach Halt und Regeln, welche die Eigenwelten
absichern. Es entsteht ein Spannungsfeld
mit Konsequenz für Marken: Zum einen sollen
sie Halt geben, indem sie Haltungen entwickeln,
zum anderen können sie dabei helfen,
die eigene Identität zu finden.
Marken als Wegweiser
In einer Welt der Beliebigkeit, in der sich
jeder selbst inszeniert, haben Marken die
wichtige Funktion, Wegweiser zu sein –
zum einen durch ihr Leistungsangebot,
zum anderen durch ihre Haltung. Die Studie
verdeutlicht, dass von Marken zunehmend
verlangt wird, nicht nur ihre Produkte
anzubieten, sondern auch Werte
und Botschaften zu vermitteln. Sie müssen
ein klares Bild abgeben und zu aktuellen
Themen wie Nachhaltigkeit, Zusammenhalt
und Digitalisierung Position
beziehen. Dies bedeutet, dass eine Marke
für etwas einstehen muss, nicht alles sein
kann und auch Gegner hat. Out sind dagegen
klassische Markenkonzepte, die alles
anbieten.
Identität entwickelt sich über Resonanz
und relevantes Feedback, das insbesondere
bei der jungen Generation über soziale
Medien eingeholt wird. 25 Prozent der befragten
18- bis 25-Jährigen hegen den
Wunsch, berühmt zu werden. Von Marken
wird daher zunehmend verlangt, ihnen
eine Bühne zu bieten, damit Wünsche
nach Berühmtheit, aber auch Einzigartigkeit
und „vorne dabei sein“ erfüllt werden
können. Marken sollen daher nicht nur
sich selbst, sondern auch ihre Kunden
„berühmt“ machen. Genährt durch neue
Berufsbilder wie Influencer wollen sie
selbst zur Marke werden oder möglichst
viele Follower in den „sozialen Medien“
haben.
Für die Marken der Zukunft bedeutet
dies: Sie müssen eine Botschaft bieten,
die deutlich über den Produktnutzen hinausgeht.
Ihre Kunden wollen mit den
Marken „vorne dabei sein“ und in ihrem
Wunsch, berühmt zu werden, durch die
Einzigartigkeit der verwendeten Marken
unterstützt werden. Dabei müssen Marken
in ihrem Bereich Angebote machen –
zu Fragen nach Nachhaltigkeit, dem gesellschaftlichen
Miteinander und digitalem
Wandel.
1-2/2020 Fleisch-Marketing 11