Unternehmen & Konzepte
Umstrittene Studien
Die Unternehmen der
Food-Branche haben das
Potential von Influencer-
Marketing erkannt und setzten
es verstärkt ein. Die Frage, wie
weit solche werblichen Posts
die Glaubwürdigkeit der Per-
sonen verringern und ob die
Werbung als authentisch
empfunden wird, ist allerdings
umstritten. Und auch die
Ergebnisse von Studien sind
nicht eindeutig.
Wer sich kritisch mit der neuen
Werbeform beschäftigt, dem
fällt sofort der vollkommen
sinnfreie Clip für Corall ein. Dort kuschelt
eine Influencerin im schneeweißen Bett
in einem schneeweißen T-Shirt mit einem
netten Jungen, und zwischen den beiden
liegt eine schneeweiße Flasche Corall
Waschmittel. Dafür mussten die Firma
und das Instagram-Sternchen viel Häme
einstecken, allerdings konnten sie für diesen
Peinlich-Post auch mehr als 300 Likes
einsammeln.
Diese Geschichte macht deutlich, wie
komplex und ambivalent das Thema ist.
Die naheliegende Vermutung, Influencer-
Marketing basiere auf Glaubwürdigkeit sowie
dem Vertrauen der Fans und gehe
durch solche Kampagnen verloren, scheint
– zumindest in dieser Deutlichkeit – nicht
zu stimmen. So überrascht es auch nicht,
dass sich die Anzahl an Posts auf Instagram
mit dem Hashtag “#Ad” im Jahr 2017 mehr
als verdoppelt hat.
Ein düsteres Bild zeichnet die Mediaagentur
Wavemaker in ihrer Studie „Influencer
2.0“. Danach empfindet mehr als
jeder zweite Befragte Influencer als unglaubwürdig
und nicht authentisch. Für 57
Prozent sind sie keine Ratgeber, sondern
in erster Linie Personen, die mittels sozialer
Medien Geld verdienen wollen. Besonders
problematisch für ihren Werbewert
ist der Verlust von Sympathie bei 41 Prozent
der Befragten, wenn Markenkooperationen
eingegangen werden. Auf der anderen
Seite definieren aber 41 Prozent der
Befragten Influencer als Personen mit
vielen Followern, die einen großen Einfluss
als Vorbild und bei Kaufempfehlungen
haben.
In einer anderen Untersuchung aus dem
vergangenen Jahr hat Gruner + Jahr mehrere
Influencer-Kampagnen begleitet. Dabei
kamen neben Marketing-Experten und
Influencern auch deren Follower zu Wort.
Die Befragung der Follower zeigte, dass
diese die Influencer mehrheitlich als ehrlich
und unabhängig empfinden, deren
Botschaften aber durchaus als Markenkommunikation
einordnen und wahrnehmen.
Frank Vogel, Sprecher der Geschäftsleitung
G+J e|MS, sagte, dass die Studien-
ergebnisse eindrucksvoll belegten, dass Influencer
sehr wirkungsvolle Markenbotschafter
sein können. Das erfordere allerdings
die Beachtung einiger Vorausset-
zungen – angefangen bei der Auswahl des
Foto: Colourbox.de
jeweils passenden Influencers über die Begleitung
der Kampagne bis zur Erfolgskontrolle,
erklärte er.
Interessant ist auch eine Studie des Instituts
für Publizistikwissenschaft und Medienforschung
in Zürich, die im Dezember
2017 herausgefunden hat, dass jugendliche
Mediennutzer kaum zwischen redaktionellen
Inhalten und journalismus-ähnlichen
Werbeformaten unterscheiden können. Obwohl
die Fallzahl gering war, sehen die Wissenschaftler
ein grundlegendes Problem
bei der Medienkompetenz der Schüler vor
dem Hintergrund von Native Advertising.
Handelte es sich um klassische Werbemittel,
konnten die meisten Schüler diese dagegen
problemlos erkennen.
Neben der Authentizität hat das Influencer
Marketing ein weiteres Glaubwürdigkeitsproblem.
Derzeit beschäftigt das Thema
„Fraud“ die Branche und Unilever hat
dem Betrug mit Follower-Zahlen bereits
den Kampf angesagt und Transparenz eingefordert.
Und schließlich schwebt noch
ein Damoklesschwert über den Köpfen der
Szene. Google und Facebook werden sicherlich
nicht mehr lange zuschauen, wie
sie in diesem Geschäft leer ausgehen, und
an diesem Markt mitverdienen wollen.
38 12/2018 F leisch-Marketing