Fotos: Colourbox.de, Tönnies Unternehmensgruppe
Aus für die Werkverträge
Nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sprechen sich Big Player der
Fleischbranche für ein rasches Ende der Werkverträge aus und eilen sogar der Politik voraus.
Der Corona-Gau bei Tönnies mit über
1.400 infizierten Mitarbeitern und
anschließendem Lockdown in den
Landkreisen Gütersloh und Warendorf
hat offenbar zu einem Umdenken nicht
nur in der Politik,
sondern auch in der
Fleischbranche geführt. Die oft prekären
Beschäftigungs- und Wohnbedingungen
der meist osteuropäischen Gastarbeiter
sollen nun zügig abgebaut werden; das
System Werkverträge steht vor dem Aus.
Die Tönnies Unternehmensgruppe will bis
Ende des Jahres alle Werkverträge in den
Bereichen Schlachtung,
Zerlegung und Verarbei-tung
abschaffen. In ei-nem
ersten Schritt sollen
bis 30. September 2020
in einem Pilotprojekt
1.000 Beschäftigte direkt
eingestellt und die Arbeitsabläufe einspie-len.
Anschließend folge dann bis Ende des
Jahres die gesamte Umsetzung an allen
deutschen Standorten. Als weiteres Projekt
werde bis September die bisher analoge
auf eine digitale Zeiterfassung umgestellt.
„Wir packen diese Krise beim Schopfe“,
sagt Clemens Tönnies, Geschäftsführen-der
Gesellschafter. „Diese ersten Ergeb-nisse
sind nur der erste Schritt um zu be-weisen,
dass wir es ernst meinen und mit
Hochdruck daran arbeiten, die neuen An-forderungen
aus Politik und Gesellschaft
zu erfüllen“.
Auch der Verband der Fleischwirtschaft
(VDF) unterstützt nun das Gesetzesvor-haben
der Bundesregierung, das System
der Werkverträge abzuschaffen. Erste
Umsetzungen von Mitgliedsunterneh-men
zeigten „die Ernsthaftigkeit, mit der
die Fleischwirtschaft in Deutschland in
ihrer Gesamtheit eine Umkehr der bis-herigen
Praxis anstrebt und das System
der Werkverträge in der Schlachtung und
Zerlegung beenden will“, heißt es in einer
VDF-Pressemitteilung.
Die Fleischwirtschaft wolle die Arbeit-geberverantwortung
für die bei ihr be-schäftigten
Arbeitnehmer voll und ganz
übernehmen. „Unser Ziel ist eine ent-sprechende
gesetzliche Regelung, die für
alle Unternehmen der Branche einheitlich
verpflichtend ist und von staatlichen oder
von neutralen Stellen wirksam kontrolliert
wird. Wir wollen konstruktiv daran mit-
„Wir packen diese Krise beim Schopfe.“
Clemens Tönnies, Geschäftsführender
Gesellschafter der Tönnies Unternehmensgruppe
„Unser Ziel ist eine gesetzliche
Regelung, die für alle
Unternehmen der Branche
einheitlich verpflichtend ist.“
Dr. Heike Harstick, Hauptgeschäftsführerin
des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF)
8 4/2020