gezüchtet – ohne Zugabe von Pestiziden. „Wir alle
verdienen es, zu wissen, woher unser Essen kommt,
wer es wie anbaut und was genau drin ist – mit Space-farms
schaffen wir Transparenz“, erklärt die Unter-nehmerin.
Mehr für weniger
Das Prinzip des Vertical Farmings ist auf der ganzen
Welt bekannt, aber noch nicht sehr weit verbreitet.
Die größte vertikale Farm der Welt befindet sich der-zeit
in New Jersey. In einer ehemaligen Stahlfabrik
baut AeroFarms Gemüse auf 6.500 Quadratmetern
über zwölf Etagen an. Eine Rund-um-die-Uhr-Beleuch-tung
mit LED-Lampen sowie eine Klimasteuerung für
optimale Temperatur und Luftfeuchte ermöglichen
die ganzjährige Ernte. Statt in Erde wachsen die Pflan-zen
auf wiederverwendbaren Netzen aus recyceltem
Kunststoff und werden über ein computergesteuertes
Kreislaufsystem mit Wasser und Nährstoffen versorgt.
Über 900 Tonnen Gemüse pro Jahr produziert das
System. Im Vergleich mit dem konventionellen Feld-anbau
ergibt sich so, bezogen auf den Quadratmeter,
ein rund 390 Mal höherer Ertrag. AeroFarms benötigt
ein Prozent der Fläche, die die Bodenbewirtschaftung
für die gleiche Menge an Gemüse verbraucht.
Auch in Deutschland liefert das Berliner Unternehmen
Infarm vertikale Anbauflächen, die bis zu 18 Meter
in die Höhe wachsen können. Die individuell zusam-menstellbaren
Anbaumodule können ein Ernte-Äqui-valent
von bis zu 10.000 Quadratmetern Ackerland
erzielen. Zudem verbrauchen sie bis zu 95 Prozent
weniger Wasser als der Feldanbau.
Autarke Steuerung
Vertikale Farmen müssen auch nicht immer so groß
sein wie in New Jersey. Beispielsweise hat das Start-up
Growcer in Basel gemeinsam mit der Supermarkt-kette
Migros die erste vertikale Farm in der Schweiz
entwickelt. Auf einer Fläche von 400 Quadratmetern
in drei Meter hohen Türmen ist ein Ernteäquivalent
von 1.500 Quadratmetern Anbaufläche entstanden.
Schnittsalate und Kräuter gelangen nach der Ernte
binnen einer Stunde in nahegelegene Migros-Filia-len.
In die Gemüseabteilung des Supermarkts passen
auch die Module von Infarm: Zwei Meter hohe Glas-vitrinen
mit LED-Licht und eigener Wasser- und Nähr-stoffversorgung
werden über die Berliner Zentrale von
Infarm mittels einer cloudbasierten Plattform kon-
trolliert und gesteuert. Vor Ort im Supermarkt muss
es lediglich geerntet und nachgepflanzt werden. Eine
deartige cloudbasierte Lösung, die die Bedingungen
stets an die Gewächse anpasst, verwendet auch die
georgische Variante der vertikalen Farm. Ein neu-es,
etwa kühlschrankgroßes Projekt namens Space-farms
Spot soll dieses Prinzip nun für jede Raumgröße
VERTICAL FARMING
nutzbar machen. Auf einer Anbaufläche von nur zwei
Quadratmetern gedeihen darin etwa 7.000 Pflanzen
pro Jahr. „Die Möglichkeit, die Pflanzen platzsparend
dort anzubauen, wo sie gebraucht werden, also in
Hotels, Restaurants oder Supermärkten, minimiert
Verpackungen, den CO2-Ausstoß des Transports und
spart durch die Kontrolle aus der Ferne zudem Ar-beitszeit“,
erklärt Tusya Gharibashvili, „Das hyperlo-kale
Lebensmittelsystem ermöglicht es zudem nun
Supermärkten, Restaurants, Hotels, Schulen und vie-len
verschiedenen Akteuren der Lebensmittelkette,
selbst Landwirte zu werden.“ Und auch für den pri-vaten
Hausgebrauch gibt es mittlerweile schon kleine
High-Tech-Gemüsegärten für Kräuter und Salate, die
sogenannten Plantcubes, zu kaufen. Für das Stamba
Hotel in Tiflis hat sich das Projekt bereits gelohnt, wie
Tusya Gharibashvili berichtet: „Das Hotel kann sei-nen
Gästen dank der vertikalen Farm nun stets eine
größere Auswahl an frischen Gemüsen servieren. Wir
können jetzt saisonunabhängiges Gemüse liefern und
dennoch hyperlokal bleiben.“ Nina Schinharl
Eine Idee mit
Modellcharakter
hat Tusya
Gharibashvili im
Stamba Hotel in
Tiflis umgesetzt:
Vertical Farming
im ehemaligen
Industriebau.
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Fotos: Design Hotels, Spacefarms, Infarm