PRO & CONTRA
RINDFLEISCH FÜR
80 EURO DAS KILO?
Geht es nach Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft,
könnte, ja müsste es in Deutschland tatsächlich bald so kommen.
enn das 30-köpfige Gremium,
bestehend aus Mitgliedern des
Deutschen Bauernverbands,
Wissenschaftlern, Wirtschafts-vertretern
und Umweltgrup-pen
sieht die heimische Land-wirtschaft
am Anfang eines
„durchgreifenden Transformationsprozesses“. Ihre
These: Würden beispielsweise Umweltschäden in die
Kostenbilanz der landwirtschaftlichen Produktion mit
einkalkuliert, müsste ein Kilogramm Rindfleisch etwa
das fünf- bis sechsfache der aktuellen Marktpreise
kosten – also etwa 80 Euro. Gerechtfertigt?
Pro oder contra? Zu teuer oder ein Schritt in die
richtige Richtung? Längst überfällig oder viel zu
früh?
Die Verteuerung von Fleisch muss sein, da wir nur so
kurzfristig eine überfällige Änderung beim Verzehr
herbeiführen können. Eine Besteuerung nach dem
Verursacherprinzip (Ressourcenverbrauch, Umwelt-schäden,
falsche Subventionspolitik etc.) würde hier
auf jeden Fall regulativ einwirken.
Ein Kilo Fleisch für 80 Euro – bedeutet das den
endgültigen Durchbruch für Fleischalternativen?
Ein Kilogramm Rindfleisch, insbesondere die Edeltei-le,
kann diese Preise wohl vertragen, denn das schafft
auch wieder ein Verständnis dafür, dass ein gutes
Stück Fleisch etwas Besonderes ist. Bei Geflügel und
Schwein geht es auch noch um eine artgerechte Hal-tung
und Wachstumsphase der Tiere. Denn kurze
Mastzeiten, wie sie von Herstellern forciert werden,
sind alles andere als artgerecht. Eine Erhöhung der
Fleischpreise wäre Rückenwind für Fleischalternati-ven.
Nichtsdestotrotz wird es ebenso wichtig sein,
Fleischalternativen in immer besserer Qualität zu
günstigeren Preisen herzustellen Zumal wir ja nicht
einen Nischenmarkt bedienen wollen, sondern diese
Produkte für die breite Masse der Konsumenten
erschwinglich sein müssen.
Was entgegnen Sie Kritikern, die Fleischalter-
nativen als unfertige Nachahmungen des
Originals abkanzeln?
Das ist ein seltsamer Vorwurf, denn wir reden hier
von einer extremen Veränderung unserer Ernäh-rungsgewohnheiten.
Es ist unsere Aufgabe, die
Schwellen für eine notwendige Veränderung der
Ernährung so niedrig wie möglich zu halten. Trotz-dem
wird sich in den nächsten Jahren auch eine Ent-wicklung
einstellen, die sich nicht mehr am Kopieren
von Fleisch und Wurst ausrichtet, sondern eine neue
Kategorie schafft. Diese wird dann viele spannende,
wohlschmeckende und gesunde Produkte auf den
Markt bringen.
Fleischalternativen sind noch relativ neu auf
dem Markt. In welche Richtung werden sie sich
zukünftig entwickeln? Eher Fleischersatz oder
alternative Lebensmittel?
In der Tat bin ich sicher, dass es auch weiterhin
Fleischalternativen geben wird. Aber sie werden ein
Teil einer neuen Kategorie von alternativen Lebens-mitteln
aus pflanzlichen Rohstoffen sein. Es gilt, diese
Themen voranzutreiben und dafür zu sorgen, dass
wir die Verbraucher durch Qualität und Vielfalt über-zeugen.
Ist Fleisch in Ihrer privaten Küche überhaupt
noch ein Thema?
Bei uns zuhause gibt es wirklich nur noch sehr, sehr
wenig Fleisch und Wurst. Aber wenn, dann wirklich
von ausgesuchter Qualität in jeder Beziehung. Das
Gleiche gilt auch für Fisch, denn da sind die Proble-me
von ungezügelter Überfischung noch viel größer
und wir müssen uns auch hier darum kümmern,
gute Alternativen zu schaffen.
Friedrich Büse,
Gründer von
endori (vormals
amidori), einem
Unternehmen,
das pflanzliche
Fleischalternativen
herstellt.
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Fotos: privat